Tansania 2

2. August 2008

...vor dem tansanischen Grenzposten. Sowohl der Customs-Officer wie auch die Dame vom Immigrations Office erinnern sich an uns. Letztere weiss sogar noch, dass wir beide Schweizer Juristen sind! Weil Stammgästen eine Vorzugsbehandlung zukommt, dauert das Einreiseprozedere nur knapp 40 Minuten. Danach geht es zügig auf einer guten Teerstrasse bereits kurz nach der Grenze durch trockenes Grasland bis nach Shinyanga. Der Gegensatz zum satten und saftigen Grün Rwandas könnte nicht grösser sein! Die trockene Ebene wird rund 40 Kilometer vor Shinyanga durch eine Region mit tausenden von Baobabs unterbrochen. Zeitweise hat man sogar das Gefühl, durch einen regelrechten Baobabwald zu fahren!

Die in Shinyanga selbst und der näheren Umgebung wohnhaften rund 150'000 Menschen leben hauptsächlich vom Reis- und Baumwollanbau. Dank der grossflächig abgeholzten Mopanewälder ist die Tsetse-Fliege ausgerottet; dafür bilden die Feuchtgebiete des Reisanbaus ideale Brutstätten für Moskitos. Shinyanga ist mehr Durchgangs- denn Aufenthaltsort, und dementsprechend dünn gesät sind Hotels oder Guesthouses. Lange fahren wir durch die Stadt und suchen nach einer geeigneten Schlafstelle, aber vergebens. Schlussendlich fragen wir beim Kinderhilfswerk "World Vision", ob wir hinter deren Räumlichkeiten schlafen dürfen. Zu unserem Erstaunen werden wir sofort eingeladen, unser Nachtlager hier aufzuschlagen, und ein Mitarbeiter zeigt uns die Toiletten und stellt uns die Wächter mit deren Namen vor. Danach werden wir in Ruhe gelassen und verbringen mitten in der Stadt eine angenehme Nacht. Nur, das mit den Toiletten ist eine Sache für sich: Als Markus nach dem Eindunkeln die Toilette aufsuchen möchte und im matten Licht der Lampe mindestens 10 cm grosse Kakerlaken aus dem im Boden eingelassenen WC-Loch kriechen sieht, gibt er forfait und erklärt feierlich, die Blasenentleerung sei doch nicht so dringlich gewesen...

3. August 2008

Nach einem gemütlichen Frühstück und einer herzlichen Verabschiedung von den Wächtern mit Adressenaustausch (sie waren die zurückhaltendsten, zuvorkommendsten und höflichsten aller bisherigen Wächter) brechen wir auf in Richtung Norden. Wir durchqueren Shinyanga und treffen dabei auf viele Marabus, die der Stadt eine Art Totengräberstimmung verleihen.

Wie Helen in Old Shinyanga aussteigt und ein paar Fotos macht, wird sie plötzlich von einem Mann am Handgelenk festgehalten. Er redet laut auf sie ein und lässt Helen erst los, als Markus aussteigt und auf ihn zugeht. Wir möchten rasch weiterfahren, was der Mann jedoch zu verhindern versucht, indem er sich am rechten Kotflügel festhält. Das hindert Markus aber nicht daran, langsam loszufahren. Wir sind froh, wenigstens ein paar Fotos gemacht zu haben. Was der Mann von Helen genau wollte, konnten wir nicht in Erfahrung bringen - vielleicht lag es auch nur daran, dass er bereits am Morgen etwas zu tief ins Glas geblickt hat.

Nach einer guten Stunde treffen wir auf die Teerstrasse und fahren nach Mwanza. Unterwegs wird uns wieder einmal bewusst, wie wertvoll sauberes Trinkwasser ist. Was für uns in Europa eine Selbstverständlichkeit darstellt, ist für Millionen von Menschen in Afrika unvorstellbar bzw. unmöglich, nämlich der Zugang zu sauberem Trinkwasser. Sie sehen sich zum Teil gezwungen, Wasser aus Drecktümpeln zu schöpfen und zu trinken - Tümpel, in denen wir nicht einmal einen Fuss baden würden. Es wäre unseres Erachtens angebrachter, wenn Entwicklungshilfe im Sinne von das Grundwasser anzapfender und mit Muskelkraft betriebener Brunnen geleistet würde statt mit Kleider- und Lebensmittellieferungen in das übersättigte Moçambique!

Die Anfahrt nach Mwanza, der mit 450'000 Einwohnern zweitgrössten Stadt Tansanias, ist interessant, denn sie führt uns durch eine Gegend, in der Obelix gewohnt haben könnte. Riesige Granitfelsen liegen kreuz und quer durch- und aufeinander. Zum Teil hat man Angst, dass die ausbalancierten Steine schon beim kleinsten Windstoss umfallen könnten.

Kaum hat man Mwanza hinter sich gelassen, prägen bald die ursprünglichen Lehmhütten mit ihren Strohdächern die Landschaft. Die Bewohner sind praktisch ausschliesslich Selbstversorger, und immer wieder treffen wir auf Rinderherden, die von den Bauern zu den Wasserlöchern getrieben werden. Die Rinderherden kündigen sich jeweils durch grosse Staubwolken an. Oftmals erkennt man nur die ersten Rinder - die weiteren Tiere werden vom Staub verschluckt.

Am Ufer des Victoriasees geht es in Richtung des Serengeti National Parks. Der Victoriasees ist der grösste See Afrikas und einer der grössten Süsswasserseen der Welt. Kurz bevor wir beim Ndabaka-Gate (dem westlichen Eingang zum Serengeti National Park) eintreffen, begegnen wir zahlreichen ziemlich zahmen Affen. Man merkt sogleich, wie sich diese Affen aufgrund des Tourismus an die Menschen gewöhnt haben. Zum Teil bleiben sie mitten auf der Strasse sitzen, und wir müssen warten, bis sie wegspazieren.

Beim Gate angekommen, erwartet uns eine Hiobsbotschaft: Der Campingplatz soll USD 30 pro Person kosten! Wir können diese unverschämte Preispolitik kaum fassen, machen auf der Stelle kehrt und übernachten auf dem Campingplatz der nahe gelegenen Stop-Over-Lodge für "nur" gerade 7 USD pro Person.

4. August 2008

Nach dem Frühstück stehen wir wieder beim Ndabaka-Gate und erledigen die Eintrittsformalitäten. Der Mitarbeiter fragt uns unverfroren, wie viel wir ihm bezahlen, wenn er uns durch eine Falschdeklaration auf dem Formular ein paar Stunden Aufenthalt in der Serengeti "schenkt". Der korrupte Mitarbeiter stösst bei uns aber auf Granit, und bemerkt zum Glück total frustriert nicht einmal, dass das Leergewicht unseres Autos statt der für die niedrigsten Preisklasse maximal zulässigen zwei Tonnen immerhin 2'050 kg beträgt und er somit pro Tag USD 110 mehr verlangen könnte... Während wir auf unsere Eingangszeit warten, vergnügen wir uns etwas mit unserem Santi und testen die Festigkeit seiner Stossstange.

Die Serengeti, in der Sprache der Massai "Das endlose Land" genannt, erstreckt sich über eine Fläche von 12'600 km2 zwischen dem Kraterhochland des Ngorongoro und dem Victoriasee. Ausserdem soll er mit seinen rund drei Millionen grösseren Säugetieren der wildreichste Nationalpark der Welt sein. Beim Gate erblicken wir mehrere alte und nicht mehr unterhaltene Tsetse-Fliegenfallen, und wir vermuten sogleich, was uns in diesem Nationalpark blühen wird... Obwohl uns bekannt ist, dass sich momentan aufgrund der Migrationsbewegungen der Tiere in den Massai Mara (Nationalpark in Kenia) nicht mehr viele Tiere in der Serengeti aufhalten, möchten wir uns den Anblick einer unendlich scheinenden Savanne nicht entgehen lassen.

Langsam tuckern wir über die riesige, ausgetrocknete, in der Ferne von sanft gewellten Hügeln umgebene Grasebene und begegnen mehreren Zebras und Perlhühnern. Leider erweist sich Markus als etwas zu ungeschickter Autofahrer, so dass wir auf das ersehnte Poulet als Mittagessen verzichten müssen... Bald darauf erblicken wir in der Ferne eine grosse Büffelherde, etliche Springböcke und ein paar Giraffen. Schade, dass kein Weg zu den Tieren führt! Da wir in den Nationalparks jeweils sehr langsam unterwegs sind, entgeht unserer Aufmerksamkeit nicht einmal eine langsam vor sich hin kriechende kleine Pantherschildkröte. An einer nicht ausgetrockneten Stelle des Grumeti-Rivers stossen wir sogar auf ein riesiges Krokodil. Die hier lebenden ausgewachsenen Nilkrokodile werden bis zu einer Tonne schwer und können bis zu einem Jahr lang nichts fressen. Mindestens einmal im Jahr gibt es für sie aber ein Festmahl, denn aufgrund der jährlichen Migration überqueren Millionen von Gnus den Grumeti und werden dort zur leichten Beute der Panzerechsen. An einer weiteren Wasserstelle beobachten wir einen Schreiseeadler, der ruhig auf einem Ast sitzt und sich die Gegend anschaut.


Unweit davon stossen wir im hohen Gras auf eine Löwin, die uns in ihren Bann zieht. Sie fixiert uns mit ihren Augen. Ihr Blick schüchtert uns aber nicht ein, und wir nähern uns ihr etwas und versuchen dabei, ihre Mimik zu deuten. Ist es Langweile, Hunger, oder bloss Müdigkeit? Nach einer Viertelstunde verabschieden wir uns von ihr.

Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde fahren wir in Richtung Campingplatz. In der Dämmerung stossen wir überraschenderweise auf eine trinkende Elefantenherde. Ein Elefant ist ausserhalb des Wassers gerade daran, die Rangordnung in der Herde in Frage zu stellen. Wir können beobachten, wie er nacheinander mit zwei anderen Elefanten kämpft. Als er sich mit einem weiteren, sich nahe bei uns aufhaltenden Elefanten anlegen will, wird uns der Kampflärm etwas gar laut. Zudem möchten wir den kämpfenden Elefanten nicht im Weg stehen, weshalb wir beeindruckt von diesem einmaligen Erlebnis weiterfahren.

Auf dem Weg zum Campingplatz beginnt sich in der Ferne ein Gewitter zusammenzubrauen. Dunkel und grau verfärbt sich der Himmel, und Zeus schickt erste Blitze vom Olymp in die Serengeti.

Der uns zugewiesene Campingplatz erweist sich als Horror: Unzählige Autos stehen auf dem Parkplatz herum, und alle Grasflächen sind von Zelten belegt. Uns ist es schleierhaft, wie wir mit unserem Santi hier übernachten sollen. Ein Ranger versteht unser Problem und zeigt uns den Weg zum praktisch leeren Campingplatz "Dik Dik". Sehr zum Unwillen des dort anwesenden Führers (er hat den gesamten Campingplatz exklusiv für "seine" Touristengruppe gebucht) schlagen wir hier unser Nachtlager auf. Aufgrund des Gewitters bleibt das Dachzelt geschlossen, und wir schlafen beide im Santi auf dem Schlafbrett.

5. August 2008

Heute heisst es sehr früh aufstehen, da in den frühen Morgenstunden Tierbeobachtungen am meisten Spass machen. In der Tat treffen wir bald auf zwei grasende Büffel und sich auf dem Landgang befindende Nilpferde. Uns beeindruckt die Anmut dieser Tiere, auch wenn sie sich keinen Deut um unsere Anwesenheit kümmern. Wenig später beobachten wir eine Löwin. Wir stellen den Motor ab und frühstücken im Auto. Dies geht aber nur, weil wir vorausschauend unsere Töpfe, Corn Flakes, Milch und Zucker bereits vor der morgendlichen Abfahrt bereitgestellt haben.

Wie wir kurz darauf ein kleines Gewässer nach Krokodilen absuchen und enttäuscht weiterfahren wollen, hören wir ein grunzendes Geräusch. Seit dem Moremi Nationalpark in Botswana kennen wir dieses Geräusch und wissen, dass irgendwo ein Nilpferd leben muss. Im Laufe eines erneuten Absuchens der Wasseroberfläche glauben wir unseren Augen kaum zu trauen: Die grösste Nilpferdpopulation, die wir bisher gesehen haben, tummelt sich nur wenige Meter von uns entfernt im dreckigen Wasser. Wir steigen aus dem Auto und geniessen dieses Spektakel. Eine Unmenge von Nilpferden stöhnt, grunzt, röchelt, schnaubt und brüllt um die Wette, dass es eine wahre Freude ist!

Am Nachmittag machen wir uns auf, um bei den südlich von Seronera gelegenen Granithügeln (sog. Kopjes) nach Geparden und weiteren Löwen Ausschau zu halten. Etwas erstaunt nehmen wir zur Kenntnis, wie in dieser Gegend das Gras grossflächig abgebrannt wurde. Offenbar befürchtete die Nationalparkverwaltung negative Schlagzeilen durch von Tsetse-Fliegen gestochene Touristen und sorgte mit dem Verbrennen von Grasland für die Vertreibung der kleinen Plagegeister. Tatsächlich sind wir in dieser Gegend der Serengeti kaum einer einzigen Tsetse-Fliege begegnet, währenddem sie in anderen Regionen unser Auto derart umschwirrten, dass an ein Aussteigen nicht einmal zu denken war. Statt den erhofften Geparden entdecken wir in der Umgebung der Kopjes immerhin einige Gazellen und Antilopen.


Nach dem etwas enttäuschenden Besuch der Kopjes beobachten wir, wie sich ein Nilpferd ausserhalb des Wassers aufhält. In der Dämmerung oder während der Nacht ist dies kein seltener Anblick, aber um halb drei Uhr Nachmittags sehr überraschend. Wir nähern uns dem Tier und stellen fest, dass es sich während seinem letzten Landgang wahrscheinlich zu weit vom Wasser entfernte und von einer Raubkatze angegriffen wurde. Jedenfalls weist es tiefe, blutrote Kratzspuren auf und verfügt bei unserer Annäherung nicht einmal mehr über genügend Energie, um ins nur wenige Meter entfernte Wasser zu flüchten. Wir sind nicht sicher, ob wir die Ranger über unsere Beobachtung orientieren sollen, entscheiden uns aber dagegen, da das "Fressen und gefressen werden" nun mal zum Tierleben in der Serengeti gehört. Als wir rund zwei Stunden später nochmals das Nilpferd besuchen wollen, finden wir es nirgends mehr. Es hat sich wohl ins rettende Nass flüchten können und erholt sich dort von der Attacke.

A propos Attacke: Helen wurde im Verlauf des gestrigen oder heutigen Tages von einem Insekt attackiert. Jedenfalls ziert eine schmerzende, rot angeschwollene Einstichstelle ihren Hals. Weil wir uns in einem von Tsetse-Fliegen verseuchten Gebiet aufhalten, befürchtet Helen, dass sie von einer solchen Tsetse-Fliege besucht und gestochen wurde. Obwohl ihr Markus erklärt, dass der Stich einer Tsetse-Fliege schmerzhafter sei und selbst wenn es eine Tsetse-Fliege gewesen wäre, keine allzu grosse Besorgnis bestünde, weil nur rund 0,5 % der Tiere die Schlafkrankheit übertragen, nimmt Helen telefonisch Kontakt auf zu den Tropenärzten Dr. Beck und Dr. Robert van der Ploeg. Helen wird erklärt, wie die Einstichstelle einer Tsetse-Fliege aussieht und wie sie sich entwickelt, und Markus wird beauftragt, jeden Tag die Einstichstelle und deren allfällige Veränderungen zu beobachten. Zum Glück wird in den nächsten Tagen klar, dass es keine Tsetse-Fliege war, die Helen stach, sondern irgendein anderes Viech.

Heute Abend steuern wir direkt den Campingplatz "Dik Dik" an und verbringen die Nacht dort fast allein.

6. August 2008

Da sich unser Campingplatz rund 40 km vom Ausgangsgate entfernt befindet, fahren wir um halb sieben Uhr los, damit wir das Gate rechtzeitig erreichen. Die Aufenthaltsdauer im Nationalpark wird nämlich auf die Minute genau festgehalten, und wer auch nur wenige Minuten zu spät am Ausgangsgate erscheint, muss einen weiteren vollen Tag Eintritt bezahlen. Wir dachten, dass zweieinhalb Stunden für diese kurze Strecke problemlos ausreichen. Leider dachten wir nicht daran, dass die Parkverwaltung gerade diese Strecke in einem erbärmlichen Zustand hält. Es handelt sich um eine brutale Wellblechpiste, der nicht ausgewichen werden darf. Der Höhenunterschied zwischen den einzelnen "Wellblechwellen" beträgt bis zu 12 cm! Pisten wie diese führen in unserer Mannschaft immer wieder zu intensiven Diskussionen. Helen möchte solche Pisten möglichst schnell hinter sich bringen und ein entsprechendes Tempo wählen. Markus hingegen rattert mit geringer Geschwindigkeit und genügend Vorsicht über solche Wellblechpisten. Panther wiederum würde auf solche Wellblechpisten am liebsten ganz verzichten. Um rechtzeitig beim Ausgangsgate einzutreffen, dürfen wir heute eine bestimmte Durchschnittsgeschwindigkeit nicht unterschreiten. Dies führt leider dazu, dass aufgrund der Vibrationen das Auto fast auseinander fällt. Helen spornt Markus an, schneller zu fahren, damit die Vibrationen abnehmen. Markus dagegen bleibt stur und lässt sich nicht beirren. Er ist der Meinung, dass es aufgrund unseres Gesamtgewichts zu gefährlich sei, das Tempo zu erhöhen, da er mit achsbrechenden Schlaglöchern rechnet, die jedoch nie auftauchen. Frau gibt nach und lässt sich artig durchschütteln. Das Stimmrechtsalter hat Panther leider noch nicht erreicht, weshalb seine Meinung lediglich deklaratorischer Natur ist. Wenigstens kommen wir rechtzeitig (zehn Minuten vor der "Deadline") und mit ganzem Santi beim Ausgangsgate an :-)   Zudem sehen wir unterwegs noch ein paar Warzenschweine und Löwenkinder. Am liebsten würden wir eines dieser süssen Löwenkinder mitnehmen, aber wir befürchten Konsequenzen der Löwenmutter...

Zu unserem Erstaunen wird uns am Eintrittsgate für die Ngorongoro Conservation Area mitgeteilt, dass nur tansanische Shillings oder aber US-Dollars, nicht aber Kreditkarten als Zahlungsmittel akzeptiert werden. Wir trennen uns nur sehr ungern von unserem Bargeld und können nach einigem Palaver erreichen, dass unsere Kreditkarte beim Eintrittsgate zum Serengeti Nationalpark mit USD 200 belastet und uns dieses Geld übergeben wird, damit wir zumindest den Transit durch die Ngorongoro-Region am Ngorongoro-Eintrittsgate bezahlen können. Bleibt anzumerken, dass bis zum erfolgreichen Abschluss dieser "Transaktion" fast eine Stunde benötigt wird - dies, obwohl die Zahlstellen für das Ngorongoro- bzw. Serengeti-Eintrittsgate nur gerade zwei Meter voneinander entfernt sind. Da wieherte nicht nur ein gewaltiger Amtsschimmel, sondern eine ganze afrikanische Gnuherde...

Endlich steht einem Besuch der Ngorongoro-Region nichts mehr im Weg - ausser der Weg selbst. Die furchtbare Wellblechpiste wird zwar verbessert, aber irgendwie nützt es nicht viel, wenn auf rund 100 km nur eine Handvoll Arbeiter in Handarbeit versucht, die Piste zu "reparieren"... Zum Glück ist es oftmals möglich, grosse Strecken auf einer veralteten Parallelpiste zu fahren. Wir kommen auf diese Art zwar nicht unbedingt schneller, aber viel material- und nervenschonender vorwärts.

In der Ngorongoro Conservation Area sollen über 30'000 Massai leben. Ein paar davon haben sich in unmittelbarer Nähe zur Hauptpiste niedergelassen und stehen am Strassenrand, um von den vorbeifahrenden Touristen gegen Entgelt fotografiert zu werden. Wir denken nicht einmal im Traum daran, diese Art von Fotosafari zu fördern, und fotografieren nur Personen, die kein Geld dafür verlangen. Weil wir, soweit es möglich ist, nicht die Hauptpiste benützen, treffen wir tatsächlich ein paar Massai, die kein Geld wollen, was uns natürlich freut.

Bei der Fahrt über die Hochebene (2'200 bis 2'500 m.ü.M.) merken wir plötzlich, dass der Santi ein Problem hat. Er teilt es uns mit, indem er den Geist aufgibt. Mitten im Nirgendwo bleiben wir stehen, und keiner weiss, warum... Markus befürchtet, dass der Alternator die Batterie nicht mehr richtig auflädt, weil eine der Hauptsicherungen zweimal wenige Sekunden nacheinander den Geist aufgibt. Zum Glück kommt bald ein mit Einheimischen besetztes Fahrzeug vorbei und leistet unserem Santi "erste Hilfe". Sie meinen, als erstes sollen wir die Sicherungen und den Sicherungskasten vom Staub und Dreck befreien, und tatsächlich: Kaum ist es vollbracht, schnurrt der Motor wieder wie eh und je.

Wie wir mitten in einer Kurve linkerhand eine Abzweigung sehen und prüfen, wo diese Piste hinführt, verschlägt es uns fast den Atem, denn vor uns liegt der Ngorongoro-Krater! Obwohl wir nur eine Ngorongoro-Transitbewilligung haben, fragen wir beim nahe gelegenen Gate, ob wir trotzdem kurz in den Krater fahren dürfen. Leider erteilt nur das Ngorongoro-Headquarter Bewilligungen für einen Kraterbesuch, so dass wir gleich dorthin fahren. Wir machen dem "Tourist Manager" klar, dass in unserem zweiplätzigen Auto kein Führer Platz hat, und wir deshalb ohne Führer in den Krater fahren "müssen". Er zeigt Verständnis für unsere Situation und erteilt uns ausnahmsweise die Bewilligung, ohne den eigentlich obligatorischen Führer den Krater besuchen zu dürfen.

Nach diesem Erfolgserlebnis fahren wir auf den nahe gelegenen Campingplatz. Leider weiss der Wächter am Gate nicht, wo wir unser Auto hinstellen sollen, und meint auf unsere Nachfrage hin, wir können es auf die für das Campieren vorbehaltene Wiese stellen, was wir denn auch tun. Leider ist der Ranger, der am Abend für Ordnung sorgt, anderer Meinung, denn wir werden während unseres Abendessens aufgefordert, sofort unser Auto umzustellen. Eigentlich eine Sache von wenigen Minuten, aber wenn vier Ranger vier verschiedene Meinungen haben, ist es ein schwieriges Unterfangen. Nach einigen Missverständnissen und Kompetenzüberschreitungen seitens dreier Ranger macht der offenbar ranghöchste Ranger klar, wo er den Santi hingestellt haben wünscht.

Auf Helen wartet im Essraum übrigens eine Überraschung. Sie trifft hier nämlich auf eine ehemalige Arbeitskollegin, die sie seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen hat. Diese macht nun gemeinsam mit ihrer Tochter in Tansania einen dreiwöchige Safari- und Badeurlaub. Wie klein die Welt doch manchmal ist! Sie ist übrigens nicht nur klein, sondern auch sehr kalt, denn auf einer Höhe von rund 2'400 m.ü.M. bläst den ganzen Tag und vor allem am Abend ein so steifer und kalter Wind, dass wir unsere Mützen und gefütterten Jacken hervorholen!

7. August 2008

Bei der Ngorongoro Conservation Area handelt es sich um den 16 x 20 km grossen Krater eines längst erloschenen Vulkans. Der von rund 600 m hohen Wänden umgebene Krater gilt als der grösste nicht vollständig mit Wasser gefüllte Krater der Welt. Der Kraterrand liegt auf durchschnittlich 2'300 m.ü.M., und die Fahrt in den Krater hinein erfolgt auf einer sehr steilen, steinigen und zum Teil etwas rutschigen Piste. Wir sind gespannt, was uns im Krater erwartet, beheimatet er doch nebst anderen Tieren auch die "Big Five" (Löwe, Nashorn, Elefant, Büffel und Leopard). Als erstes sticht uns der das Herz des Kraters bildende Lake Magadi, ein nur etwa einen Meter tiefer sodhaltiger See, ins Auge. Wenn er in der Trockenzeit zusammenschrumpft, bildet seine Uferzone eine weisse, wüstenartige Fläche. In der Regenzeit hingegen ist der See Heimat einer Vielzahl von Flamingos und wird zur zentralen Wasserstelle der im Krater lebenden Tiere. Tatsächlich: Kaum sind wir im Krater angekommen, treffen wir auf eine grosse Büffelherde, die gemächlich zum See schlendert.

Wenig später kreuzt ein Elefant unseren Weg, der gerade einen Akazienast isst. Akazien haben lange weisse, sehr harte Dornen, die besonders gern den Autolack zerkratzen. Wenigstens haben sich unsere Reifen bisher als akaziendornenresistent erwiesen... Für uns ist es kaum fassbar, dass Elefanten dieses Dornengestrüpp einfach so essen können!


Im Krater gibt es neben diesen Akazien auch besondere Akazienbäume, die sogenannten Fieberakazien. Diese Bäume verdanken ihren Namen der Malaria, da sie hauptsächlich in sumpfigen Gebieten wachsen, wo die Anophelesmücken besonders häufig vertreten sind. Die gelbliche Farbe der Baumrinde erinnerte Livingstone an die Hautfarbe der an Malaria erkrankter Menschen, weshalb er sie als Malariabaum bezeichnete.

Die meisten interessant wirkenden Wege sind für uns gesperrt: "No entry" oder "Rangers only" heisst es jeweils. Zum Glück entdecken wir einen schmalen Weg ohne solches Schild, und schon können wir den Krater etwas abseits der üblichen Touristenpfade erkunden. Ein paar Minuten später erspähen wir in der Ferne eine Nashornmutter mit ihrem Kind. Unser Nashornbesuch dauert leider nicht sehr lang, denn schon bald kreuzt ein Ranger auf und teilt uns mit, diese Piste sei für Touristen gesperrt, und man habe es bislang versäumt, ein Schild an der Abzweigung von der Hauptpiste anzubringen. Schade, denn wir wären gerne noch etwas länger bei den Nashörnern geblieben!

Am Ufer des Lake Magadi treffen wir auf ein spazierendes Nilpferd, auf dessen Rücken sich ein Vogel ausruht. Und nur wenige Meter davon entfernt spaziert ein Löwe durch das Gras. Leider zeigt er mehr Interesse am Wasser als am Nilpferd. Uns wird klar, dass er wohl bereits gefrühstückt hat und jetzt nur noch seinen Durst stillen will.

Der Nachteil des Kraters ist seine Berühmtheit. Eine Unmenge von Touristen will ihn und seine kesselartig eingeschlossene Tierwelt bewundern. Dadurch wirkt der Ngorongoro manchmal wie ein gigantischer Zoo, jedoch mit dem Unterschied, dass nicht die Tiere, sondern die Besucher in ihrem Fahrzeug hinter Gitter sitzen. Kaum hält irgendwo ein Fahrzeug an, kommen bald schon andere Fahrzeuge hinzu. So tummeln sich zum Beispiel innert kurzer Zeit 18 Fahrzeuge am Strassenrand, damit die Touristen den durstigen Löwen bewundern können. Die Fahrer kommunizieren jeweils per Funkgerät, wo sich gerade welche Tiere aufhalten. Wenn man irgendwo mehrere Fahrzeuge hintereinander mit hohem Tempo fahren sieht, weiss man, dass irgendwo ein Tier gesichtet wurde und nun die Touristen dorthin gekarrt werden. Auch wenn das Bedürfnis der hohe Eintrittspreise zahlenden Touristen, möglichst viele Tiere zu sehen, nachvollziehbar ist, erscheint uns diese Art von Fotosafari wenig attraktiv. Uns freut es vielmehr, wenn wir selbst Tiere entdecken, auch wenn uns so die eine oder andere Tierart entgeht.

Wir entfernen uns deshalb bewusst von der Touristenmeute und gehen selbst auf die "Jagd". Und wie so oft heisst es: "Unverhofft kommt oft!" Auf dem Weg direkt vor uns schlendern zwei Schakale. Sie scheinen aber ziemlich zielstrebig zu schlendern. Wir beobachten sie eine Weile und fahren ihnen nach. Und unsere Geduld wird belohnt. Plötzlich biegen die beiden Schakale vom Weg ab und traben ein paar Meter durchs Gras. Dank ihnen sehen wir eine ihre zwei Jungen säugende Tüpfelhyäne. Die beiden Schakale haben es entweder auf die Jungen oder aber auf die geschwächt wirkende Mutter abgesehen. Zuerst scheint es, als ob die Jungen ihre Mutter verteidigen würden. Dann rafft sich die Mutter auf und vertreibt die beiden Schakale. Wir bleiben noch lange an diesem Ort, da wir gerne herausfinden möchten, was mit der Tüpfelhyänenmutter los ist, aber dieses Geheimnis bleibt uns leider verborgen.

Ebenso unbeantwortet bleiben uns auch die Fragen, weshalb an einem anderen Ort ein Schakal mitten in der Mittagshitze an der prallen Sonne liegt statt sich im Schatten zu erholen, und weshalb an einem weiteren Ort so viele Schakale unterwegs sind. Auch wenn diese Fragen offen bleiben, ist es schön, diese Rätsel selbst erspäht zu haben und sich selbst einen Reim darauf zu machen zu versuchen. Unsere Einstellung wird durch einen Büffel, der uns sehr nah an sich heranlässt, ein Gymnastik machendes (oder sich kratzendes) Gnu und ein balzendes Straussenpaar belohnt.

Am späteren Nachmittag werden wir überfallen. Und zwar von einer Gnuherde. Die Gnuherde ist nicht einfach nur eine Gnuherde, sondern eine Ansammlung von tausenden von Gnus! Wir halten an und sind bald umringt von ihnen. Langsam ziehen sie am Santi vorbei und beäugen uns. Einige sind sogar so neugierig, dass sie am Auto schnuppern. Während einer knappen Stunde sind wir von grasenden, blökenden, muhenden oder einfach nur dahintrottenden Gnus umgeben. Wir öffnen die Fahrer- und Beifahrertüren - es könnte ja sein, dass ein Gnu einsteigen und mitfahren möchte. Aber irgendwie möchten sie lieber im warmen Krater bleiben und zeigen kein Interesse, in die Schweiz einzuwandern. Wir bleiben deshalb weiterhin zu zweit - sorry: zu dritt, Panther ist schliesslich auch jemand!

Nach diesem eindrücklichen Erlebnis geniessen wir die letzten uns im Krater verbleibenden Momente und machen uns dann gemütlich auf den Weg zum Kraterrand zurück. Wie wir zehn Minuten vor sechs (um sechs Uhr schliessen die Tore) am Tor eintreffen, finden wir es verschlossen vor. Wir können es kaum fassen und versuchen, per Satellitentelefon das Headquarter und mehrere Lodges zu erreichen, damit sie jemanden schicken, der das Tor öffnen kommt. Leider vergebens, denn niemand nimmt das Telefon ab. Von einem zufälligerweise vorbeispazierenden Massai werden wir dahingehend aufgeklärt, dass hier nur ein Eingangs-, nicht aber ein Ausgangsgate sei, und wir wieder in den Krater zurückfahren und auf einem anderen Weg zum Ausgangsgate fahren müssten. Er erklärt sich bereit, uns zu begleiten, weil die während der Nacht arbeitenden Ranger kaum englisch sprechen und er sich als Übersetzer betätigen würde. Wir sind unschlüssig und wissen nicht, was wir tun sollen. Schlussendlich fahren wir mit dem auf dem Beifahrersitz sitzenden Massai namens Daniel und der auf dem Schlafbrett liegenden Helen zurück in den Krater. Kaum unten angekommen, werden wir von tatsächlich nur Swaheli sprechenden Rangern aufgehalten. Später stossen noch zwei weitere Ranger dazu, von denen immerhin einer englisch spricht. Er zeigt als einziger Verständnis für unsere Situation und erklärt uns, dass Daniel Recht habe, und das Eintrittsgate, auch wenn es als Exitgate angeschrieben sei, tatsächlich nur für in den Krater hineinfahrende Fahrzeuge geöffnet sei und bereits um vier Uhr nachmittags schliesse. Da unsere Präsenz nach der offiziellen Besuchzeit eigentlich mit Strafe bewehrt, wir aber ohne Absicht und ohne Verschulden im Krater seien, würde er uns nicht bestrafen, aber sein Vorgesetzter, mit denen die Ranger über Funk kommunizieren, sowie die anderen drei Ranger sind überzeugt, uns mit einer Geldbusse von USD 100 bestrafen zu müssen. Da wir nur 20 USD einfach so im Portemonnaie haben, werden wir nach endlosem Palaver entlassen und dürfen zum Ausgangsgate fahren, wo erst auf mehrmaliges Hupen jemand erscheint, um es zu öffnen. Morgen Vormittag müssen wir uns beim Headquarter melden und die restlichen USD 80 bezahlen.

Um Daniel für seine Übersetzungsdienste zu danken, würden wir ihn gerne nach Hause fahren. Das aber geht nur, wenn die Ranger orientiert sind, dass sich zu so später Stunde noch ein Touristenfahrzeug auf der Strasse herumtreibt. Wir orientieren deshalb den Campingplatzwächter über unser Vorhaben. Diesem fällt nichts anderes ein, als Daniel vorzuwerfen, ohne zu zahlen und ohne Bewilligung im Krater verweilt zu haben. Er möchte deshalb Daniel festnehmen. Nach weiterem Palaver und einer demütigen Entschuldigung seitens Daniel sieht der Wächter von einer fragwürdigen Festnahme ab. Er erlaubt uns sogar, Daniel heimzufahren, obwohl nach 22 Uhr eigentlich kein Tourist mehr unterwegs sein dürfte. Allerdings erst, nachdem er - wie bereits die Ranger im Krater - mehrmals Einsicht in unsere Permits nimmt.

Als wir Daniel in sein Dorf zurückgefahren haben und uns auf den Rückweg machen, werden wir von einem Ranger angehalten, der uns nach einem weiteren Palaver bis zum Campingplatz eskortiert. Wahrscheinlich haben sie das Gefühl, wir würden zum Spass bis Mitternacht herumfahren... Beim Campingplatz angekommen, fragen wir die uns eskortierenden Ranger direkt, wo wir unser Auto hinstellen dürfen. Schliesslich haben wir nach den gestern und heute gemachten Erfahrungen keine Lust mehr auf ein weiteres Theater.

8. und 9. August 2008

Nach dem gestrigen äusserst abwechslungsreichen und intensiven Tag bleiben wir heute etwas länger liegen. Bereits wenige Minuten nach dem Aufstehen nervt ein Wächter, der uns nach unserem Camping-Permit fragt. Offenbar muss man hier wirklich alle paar Minuten sein Permit vorweisen. Wir geraten etwas aneinander, vor allem, weil er uns vorwirft, ohne Führer in den Krater gefahren zu sein, obwohl wir für den Massai Platz gefunden haben. Dass Helen die gestrige Nachtfahrt auf der Matratze liegend verbracht hat, nimmt er gar nicht zur Kenntnis.

Beim Betrachten des Dachzeltes entdeckt Markus, dass sich durch die Holperei der letzen Tage drei Nieten der Dachzeltbefestigung gelöst haben und herausgefallen sind. Nun ist auch klar, weshalb das Dachzelt in der letzten Zeit beim Fahren so komische Geräusche von sich gegeben hat.

Bei der Ausfahrt aus dem Campingplatz werden wir von zwei Rangern mit ihrem Auto erwartet, die uns - wie bereits der Wächter vom Campingplatz - darauf hinweisen, dass wir uns beim Headquarter melden sollen. Damit wir auch sicher dorthin fahren, eskortieren sie uns sogar bis direkt vor die Türe... Im Büro werden wir bereits vom wutentbrannten Manager erwartet. Es handelt sich alsdann um eine einseitige Kommunikation, denn selbst als Markus ihn ums Wort bittet, darf er nichts sagen. Es nützt alles nichts, wir müssen den Rest der USD 100 zahlen. Die uns gestern Abend im Krater ausgestellte Quittung über die USD 20 zerreisst er mit den Worten, dies interessiere ihn nicht... Es erstaunt uns, wie sich alle ohne selbst zu denken auf die "Regulations" berufen. Und keiner - abgesehen vom englisch sprechenden Ranger im Krater - sieht, dass es tatsächlich keinen Platz für einen Führer gibt in unserem Auto. Irgendwie ist das Personal sogar noch stolz auf ihre Sturheit, Unflexibilität und ihr Schmalspurdenken. Wir sind froh, diesen Ort bald verlassen zu können. Am Ausgangsgate verlangen wir nach einem Gästebuch und schildern dem Mitarbeiter das Vorgefallene. Es stellt sich heraus, dass der Manager vom Headquarter gar nicht der Manager des Ngorongoro-Kraters ist, sondern sich im Kontakt mit Touristen selbst zum Manager ernannt hat. Der Mitarbeiter hört uns an und bittet uns um Entschuldigung für das Fehlverhalten der Angestellten. Auch er kann die Reaktion der Angestellten nicht verstehen und wird das Vorgefallene dem richtigen Manager der Ngorongoro Conservation Area mitteilen. Zudem verspricht er uns, dass Daniel keine Konsequenzen befürchten muss - schliesslich hat er sich nicht nur korrekt, sondern sogar vorbildlich verhalten und für uns eingesetzt. Wir freuen uns, dass immerhin ein vernünftiger Mensch in der Ngorongoro Conservation Area arbeitet und machen uns auf den Weg nach Karatu.

In Karatu möchten wir auftanken, was aber leider nicht geht, da wir kein Bargeld beschaffen können. Nicht etwa, weil wir verarmt wären, sondern weil die Geldautomaten die europäischen VISA- und Masterkarten nicht akzeptieren. Unsere letzten tansanischen Shillings gehen in die Hände eines Kindes, welches Souvenirs verkauft. Zum Glück haben wir dank unserer grossen Zusatztanks noch mehr als genügend Diesel, um weiterfahren zu können. Auf einem in der Nähe abgehaltenen Markt finden wir den grössten Sandalenladen aller Zeiten. Sandalen in jeder Art und Grösse werden hier angeboten - sogar der berühmtberüchtigte Schuhverkäufer Al Bundy würde vor Neid erblassen!

In Mto wa Mbu stossen wir auf das Nordufer des Lake Manyara. Ein jeder Geografielehrer hätte an dieser Aussicht seine helle Freude, kann hier doch exemplarisch beobachtet werden, wie Ostwinde über dem See Feuchtigkeit aufnehmen und am steil ansteigenden, beinahe regenwaldartig grünen Westufer mittels Steigungsregen wieder abtrocknen. Wir treffen an einem Aussichtspunkt auf eine Schulklasse, die Freiluftunterricht geniesst. Drei Lehrerinnen erklären den Schülern genau dieses Prinzip, und die Schüler schreiben das Gelernte sofort auf Notizblöcke und in Hefter und wiederholen zusammen gewisse Schlagworte.

Kurz nach Makuyuni machen wir uns auf die Suche nach dem Tamarind Tented Camp, finden es aber nicht auf Anhieb. Beim zweiten Anlauf stossen wir auf das Wild Palm Campsite und merken bald, dass es sich dabei um das ehemalige Tamarind Tented Camp handelt, welches einfach seinen Namen und den Ort gewechselt hat. Auch wenn man sich unter wilden Palmen etwas anderes vorstellen mag als ein paar angepflanzte Jungpalmen, handelt es sich trotzdem um einen sehr schönen und schattigen Campingplatz, der sich wirklich ideal zum Campieren eignet. Wir sind praktisch allein und geniessen die Stille. Frühmorgens schöpft ein Mitarbeiter aus einem mindestens zehn Meter tiefen Wasserloch mit Hilfe eines Taus und einem Kessel Wasser in einen Kanister und füllt alsdann den Duschwasservorrat auf. Warmes Duschwasser gibt es jeweils am Abend, wenn unter dem Duschwasser ein Feuer angezündet wird. Wir sind froh, nach der mit Touristen überfüllten Serengeti und dem Ngorongoro wieder einmal etwas allein zu sein. Noch schöner wäre es, wenn wir das Dachzelt aufstellen könnten, aber Markus ist strikte dagegen, weil er befürchtet, dass bei der hinteren rechten Befestigung die letzte noch verbliebene Niete den Geist aufgeben könnte. Das wäre fatal, denn die nächsten 440 km Piste ohne funktionierende Dachzeltbefestigung zu fahren wäre mindestens grobfahrlässig!

Im nahe gelegenen Dorf kaufen wir ein paar Esswaren ein. Nach Aussage des Campingplatzbetreibers könnte man dort sogar Diesel aus Kanistern oder Fässer auftanken, aber wir haben weiterhin genügend Reserven, um immer noch bis zur übernächsten Tankstelle zu gelangen.

10. August 2008

Nach dem Frühstück verlassen wir diesen wunderschönen Campingplatz und fahren direkt in den Süden. Wenige Kilometer nach Kwa Kuchinia geht die Teerstrasse in eine breite, sehr schlechte Wellblechpiste über. Wir kommen nur langsam voran, da sich Wellblech mit Steinen und Schlaglöchern abwechselt. Viele herrliche Baobabs, eine typische Baumsavannenlandschaft und grosse Termitenhügel versüssen uns die Rumpelei. Helen erscheint neben diesem dicken Baobab geradezu als "Stecklein".

Kurz vor Magugu frühstücken wir auf einer Kuppe. Markus hat diesen Ort ausgesucht, weil er meint, hier sei die Aussicht besonders schön. Dies mag zwar wohl zutreffen, aber leider frieren wir wegen dem starken, kalten Wind derart, dass wir unsere gefütterten Jacken und Mützen anziehen. Helen überdeckt ihre Beine sogar zusätzlich mit ihrem Wollpullover. Man kann sich vorstellen, wie gemütlich es ist, mit vor Kälte zitternden Händen Corn Flakes zu essen...

Nach der verständlicherweise kurz ausgefallenen Morgenessenspause steigt die Strecke langsam in das höher gelegene Babati an, wo wir bei einer neu eröffneten kleinen, aber sehr sauberen Tankstelle etwas Diesel tanken. Die Kleinstadt Babati liegt zwischen dem Lake Babati und dem Fusse des erloschenen Vulkanberges Mt. Kwaraha. Insbesondere an den Berghängen sind viele Felder angelegt, und die Landschaft wird zunehmend grüner. Nach Babati windet sich die Piste über zahlreiche Kurven in eine menschenleere, waldreiche Hochebene hinauf. Die Wellblechpiste wird von einer roten Erdpiste abgelöst, und endlich haben wir das Gefühl, in Afrika zu sein. Genauso haben wir uns Afrika vorgestellt: Rote Erdstrassen, die sich durch grüne Wälder winden... Wir geniessen dieses Feeling sehr und essen direkt neben der Piste.

Die Strecke ist noch immer materialbeanspruchend, was unserem Dachzelt nicht gerade zuträglich ist. Die Erdtrasse wird nämlich bald wieder von Wellblech und felsigen Stufen abgelöst. Auf einen Besuch der eigentlich fast an der Strecke liegenden Kolo Rock Paintings verzichten wir deshalb widerwillig. Stattdessen führt uns der Weg nach Kondoa in den düsteren Vorhof eines Guesthouses, wo wir im Auto auf dem Schlafbrett übernachten.

11. August 2008

Frühmorgens verlassen wir den Vorhof. Wir beide werden nämlich netterweise vom Muezzin geweckt... Noch in der Morgendämmerung fahren wir durch die schlafende Kleinstadt und befinden uns bald wieder auf der Wellblechpiste. Unterwegs fahren wir an einer Ziegelfabrik und Wäsche waschenden, aber leider sehr kamerascheuen Frauen vorbei. Es ist erstaunlich, wie sauber die Kleider werden, obwohl das Wasser, in welchem die Kleider gewaschen werden, alles andere als sauber ist. Zudem fasziniert uns immer wieder von neuem, wie in Afrika die Wäsche getrocknet wird.

Die Piste ist weiterhin stark ausgefahren, und wir sind froh, gelegentlich auf eine durch das Buschland führende Parallelpiste ausweichen zu können. Wenigstens ein positiver Aspekt hat die zur langsamen Fahrweise zwingende Strecke: Man sieht neben der Strecke auch Kleinigkeiten, die man sonst achtlos links liegen gelassen hätte, wie zum Beispiel grosse Insekten oder besonders geschmückte Massai. Auch fällt uns auf, wie das geerntete Korn vor dem Haus und auf dem Hausdach getrocknet wird. Zudem können wir bei einer Gruppe von Frauen, welche im wahrsten Sinne des Wortes von Hand die Spreu vom Weizen trennen, die bei Helens Füssen nichts als Blasen verursachende Sandalen gegen einen wunderschönen Tontopf eintauschen.

Wenige Kilometer vor Dodoma fahren wir durch das einzige Weinanbaugebiet von Tansania. Offenbar gewann der Wein dieser Region einst einen bedeutenden Preis, aber seitdem dem Wein immer mehr chemische Zusätze beigemischt werden, ist er kaum mehr im Ausland erhältlich.

Dodoma ist eine Stadt mit rund 250'000 Einwohnern und seit 1973 offizielle Hauptstadt von Tansania. Auch wenn Tansania effektiv von Dar es Salaam aus geführt und Dar es Salaam als Hauptstadt Tansanias empfunden wird, arbeitet dennoch der Premierminister in dieser trostlos und langweilig wirkenden Stadt.

Das Hotel, welches sich gemäss Reiseführer Mühe gibt, als bestes Hotel Dodomas zu gelten, hat sich wohl zuwenig Mühe gegeben, denn wir finden nur noch Ruinen des ehemaligen Hotels... Nach einer Rundfahrt durch die Stadt übernachten wir direkt vor der lutheranischen Kirche. Als Bettmümpfeli dürfen wir einer Gesangsprobe des Kirchenchores Safina beiwohnen. Insgesamt sechs Frauen sitzen in der vorderen, und acht Männer in der hinteren Reihe. Konzentriert und seriös wiederholen sie die Anweisungen des Dirigenten und singen die Passagen zum Teil einzeln, zum Teil gemeinsam. Wenn der gesamte Chor singt, dröhnt die Kirche, als ob eine Hundertschaft singen würde. Wir sind von einer derartigen Stimmkraft tief beeindruckt und stolz, dies miterleben zu dürfen. Insbesondere die Männer geben ihrer Freude zu singen mit dem ganzen Körper Ausdruck und bewegen sich rhythmisch zur Musik. Wie wir vom Dirigenten erfahren, probt dieser Kirchenchor seit über zehn Jahren wöchentlich und hat kürzlich sogar ihre erste CD aufgenommen. Wir sind vom Chor derart begeistert, dass wir uns nach der Gesangsprobe gleich eine solche CD erstehen. Anschliessend würden wir eine ruhige Nacht verbringen, wenn nicht der Wächter zweimal wie verrückt an unsere Scheiben klopfen würde. Wir wissen bis heue nicht, was er von uns wollte, aber richtig interessiert hat es uns eh nicht - viel eher genervt!

12. August 2008

Gleich nach dem Frühstück suchen wir die Land Rover-Garage auf, damit sich Fachleute um den Santi kümmern können. Die beiden anwesenden Mechaniker machen einen seriösen Eindruck und verstärken den aufgrund der vielen Pistenkilometer ziemlich verbogenen Reserveradträger. Er hat sich seit seiner Herstellung in Maun (Botswana) zwar erstaunlich gut gehalten, aber um zu verhindern, dass er sich noch weiter verbiegt, ist eine Verstärkung der tragenden Holmen unabdingbar.

Als wir am Mittag die Garage wieder verlassen und in der Stadt auf dem Markt Nahrungsmittel einkaufen, macht unser Dachzelt immer stärkere Geräusche. Wir hören sogar, wie sich einzelne Nieten der Befestigung gelöst haben. Wir entscheiden uns deshalb, gleich wieder zurück in die Garage zu fahren, damit die beiden Mechaniker unser Dachzelt und dessen Befestigung unter die Lupe nehmen. Um Kosten zu sparen, befreien wir den Santi selber von seiner Dachlast, und helfen auch bei der Reparatur der Dachzeltbefestigung - so weit es geht - tatkräftig mit. In nur zwei Stunden sind die herausgerüttelten Nieten ersetzt und das Dachzelt wieder befestigt. Wir sind baff und staunen ob dem enorm hohen Arbeitstempo und der sehr guten Arbeitsqualität der beiden Mechaniker. Obwohl bereits nach einer halben Stunde Arbeit ihre Arbeitszeit abgelaufen ist, haben sie ohne zu fragen bis zur Beendigung der Reparatur weitergearbeitet. Wir drücken unseren Dank nicht nur in Worten aus, sondern - im Einverständnis mit dem Manager - auch in Form eines tüchtigen Taschengeldes.

Bis wir die Dachlast wieder montiert und richtig verzurrt haben, ist es bereits stockdunkle Nacht geworden. Wir erhalten deshalb vom Manager die Erlaubnis, auf dem Garagengelände zu übernachten. Total erschöpft kriechen wir nach dem Abendessen, welches Helen während der Montagearbeiten gekocht hat und wir zusammen mit dem Wächter einnehmen, auf das Schlafbrett. Schlafen können wir aber beide nur wenig - der heutige Tag war offenbar für uns beide zu aufwühlend. Schliesslich erlebt man nicht alle Tage, wie unser Auto ohne Zeltwände und ohne Dach in einer Garage steht!

13. August 2008

Heute wollen wir die rund 450 km entfernte Grossstadt Dar es Salaam erreichen. Hierzu benötigen wir noch etwas Diesel, können aber an keiner Tankstelle mit USD bezahlen. Europäische VISA- oder Masterkarten werden von keiner Bank in Dodoma akzeptiert. Wechselstuben gibt es in der ganzen Stadt nicht. Es stellt sich deshalb die Frage, wie und wo wir unsere USD in tansanische Shillings tauschen können. Nach ein paar Irrläufen landen wir in einer Darlehen ausrichtenden Gesellschaft, deren Mitarbeiter uns die einzige Wechselmöglichkeit Dodomas zeigen. Es handelt sich hierbei um die Reception des "New Hotel Dodoma", welche sich bereit erklärt, zu einem für uns alles andere als vorteilhaften Kurs immerhin USD 200 zu tauschen. Dieses Geld investieren wir an der nächsten Tankstelle umgehend in Diesel und können endlich losfahren.

Rund 240 km östlich von Dodoma erreichen wir auf einer guten Teerstrasse die Morogoro-Region. Diese Region ist eines der fruchtbarsten Gebiete Tansanias und liegt am Fusse der über 2'600 m hohen Uluguru-Mountains. In einem Vorort von Morogoro halten wir kurz an, um in einem Internetcafé etwas abzuklären und auf dem Innenhof des angeschlossenen Restaurants unser selbst gekochtes Mittagessen einzunehmen. Zudem füllen wir an einer Tankstelle unseren Benzinkocher und gönnen uns ausnahmsweise ein gekühltes Getränk. Auf der Weiterfahrt nach Dar es Salaam schlägt das Wetter um, und wir rechnen jeden Moment mit einem Gewitterregen. Es bleibt jedoch trocken, und wir fahren an kilometerlangen Ananasplantagen vorbei, die sich bis zum Horizont ziehen. Hier müssen jedes Jahr Millionen von Ananas geerntet werden!

In der Millionenstadt Dar es Salaam (übersetzt: "Hafen des Friedens") angekommen, steuern wir durch das abendliche Verkehrschaos direkt auf das ehemalige Hotel "Holiday Inn", welches jetzt Southern Sun heisst, zu. Dort überlassen wir unseren Santi den Wächtern und quartieren uns in einem Hotelzimmer ein.

14. bis 28. August 2008

Die nächsten zwei Wochen residieren wir zuerst im Hotel Southern Sun, dann im Hotel Kilimanjaro. Anschliessend ziehen wir um auf dem Campingplatz Sunrise Beach Resort, und nach einigen Tagen wechseln wir über zum Buschcamping nahe dem Fischerort Gezaulole, rund 20 Kilometer südlich von Dar es Salaam. Nie hätten wir gedacht, so lange in Dar es Salaam zu bleiben. Angedacht gewesen war ein maximal einwöchiger Aufenthalt, aber wie so oft kommt es anders als man denkt.

Zum einen besorgen wir uns Visa für die nächsten Länder. Hierbei erfahren wir die unterschiedlichsten Visa-Praktiken. Das kenianische Visum erhalten wir innert nur gerade dreier Stunden. Zwar ist es nicht gerade einfach, die kenianische Botschaft zu finden, zumal sie in den letzen drei Jahren zweimal umgezogen ist. Sogar der Taxifahrer, der uns hinbringt, findet sie erst nach langen Umwegen und nur mit oftmaligem Anhalten und Fragen. Aber Hauptsache, man kommt zum Ziel. Das ägyptische Visum ist auch kein Problem. Der Konsul empfängt uns in seinem Büro und erklärt uns geduldig die verschiedenen Einreisemöglichkeiten von Sudan nach Ägypten. Dies deshalb, weil wir nach Möglichkeit eine Einreise über den Lake Nasser vermeiden wollen und nach Alternativen Ausschau gehalten haben. Die von uns präferierte Variante, nämlich die Einreise der Küste des roten Meeres entlang, empfiehlt er uns nicht. Offenbar ist die Grenzlinie zwischen den beiden Ländern umstritten, und momentan stehen sich die Militärbataillone fast auf den Füssen herum, haben aber keine Stempel für unsere Ein- und Ausreisedokumente und sprechen zudem kaum ein Wort Englisch. Seiner Meinung nach ist es jedoch problemlos möglich, mit einem Schiff von Port Sudan zu einem ägyptischen Hafen zu fahren. Spätestens im Sudan wird klar, wo uns der Weg hinführen wird. Drei volle Arbeitstage später haben wir das Ägyptenvisum in Händen und marschieren damit zur sudanesischen Botschaft. Der Erhalt des sudanesischen Visums gestaltet sich am abenteuerlichsten. Zuerst müssen wir zur schweizerischen Botschaft, damit wir eine Beglaubigung einholen können, dass unsere Pässe wirklich echt und wir beide tatsächlich Schweizer sind. Danach benötigen die Sudanesen ein von uns verfasstes Schreiben mit Angabe der gefahrenen und geplanten Reiseroute. Des Weiteren werden Kopien von unsern Pässen, vom Carnet de Passage und vom Fahrzeugausweis benötigt. All diese Dokumente wandern dann - nachdem die Originale drei Tage lang in Dar es Salaam geprüft werden - gemeinsam mit unseren Visa-Antragsformularen und je zwei Passfotos zur sudanesischen Hauptstadt Khartum. Nach der Bearbeitung werden die Unterlagen von Khartum nach Dar es Salaam zurückgeschickt, und anschliessend nach Addis Abeba weitergeleitet, wo wir - inshallah - das Sudan-Visum in den Pass gestempelt erhalten. Das Beschaffen bzw. Vorbereiten der drei Visa braucht fast eine Woche, denn zum administrativen Aufwand kommen vor allem die Problematik der unterschiedlichen Öffnungszeiten der jeweiligen Botschaften sowie der oftmals extrem zähe Stadtverkehr hinzu.

Der zweite Grund, weshalb wir uns so lange in der inoffiziellen Hauptstadt von Tansania aufhalten, ist der Santana. Der von uns eingebaute Seagull-Wasserfilter ist zwar ausserordentlich gut (bzw. der Beste), aber seine herausragende Qualität hat auch einen Nachteil: Er säubert das Wasser derart gut, dass er bereits verstopft ist - das afrikanische Wasser ist ihm offenbar nicht besonders gut bekommen... Wir bestellen deshalb einen neuen Filter aus Deutschland per DHL zum Santana-Importeur in der Schweiz. Wir brauchen nämlich auch noch einen neuen Luftfilter. Den als Ersatz mitgenommen haben wir bereits verbraucht, und um Versandkosten zu sparen, wollen wir nur ein Paket per DHL nach Tansania geschickt bekommen. Das mit dem Luftfilter ist eine Geschichte für sich. Markus hat die Entlüftungen der beiden Dieselzusatztanks sowie die Achs- und Getriebeentlüftungen in den Luftfilterkasten gelegt. Eigentlich eine gute Idee, kommt auf diese Art garantiert weder Wasser noch Dreck in den Diesel bzw. die Öle. Aber leider schüttelt es bei der extremen Holperei auf den von uns gewählten Pisten Diesel und Öl in den Luftfilterkasten. Die Folge ist ein Leistungsverlust aufgrund der verstopften Luftfilterporen. Neuerdings werden die Öle bzw. deren Entlüftungen mit papierenen Benzinfiltern sauber gehalten, und auch die Dieselzusatztankentlüftung ist neu verlegt. Aber bis wir die Markus'sche Fehlüberlegung bemerken, ist unser Bestand an Luftfilter auf Null gesunken. Leider schickt die den Seagull-Wasserfilter betreibende Gesellschaft den Wasserfilter an unsere Heimadresse in der Schweiz statt an den Santana-Importeur. Bis wir dies bemerken, vergeht wertvolle Zeit. Wenigstens dauert der anschliessende Versand des "Gesamtpaketes" nicht mehr übermässig lang. Die Wartezeit vertreiben wir uns mit bislang aufgeschobenen Wartungs- und Reinigungsarbeiten am Auto, Einkaufen, Erledigung administrativer Angelegenheiten, Haareschneiden und Ausruhen. Helen erweist sich als hervorragende Coiffeuse - wir beide sind mächtig stolz auf die neue Kurzhaarfrisur von Markus.

Auf dem Campingplatz Sunrise Beach Resort, welchen man nur mittels Querung einer Müllhalde erreicht, treffen wir auf weitere Afrikaquerer. Zum Teil fahren sie südwärts, zum Teil nordwärts. Es ergibt sich ein beidseitiger wertvoller Erfahrungsaustausch. Am Wochenende fliehen wir vor der angekündigten Invasion: Halb Dar es Salaam soll dann nämlich die Campingplätze stürmen! Überhaupt sind weite Teile der südlich an Dar es Salaam angrenzenden Strände intensiv auf Besucher eingestellt. Riesige Resorts und Campingplätze reihen sich aneinander und sorgen dafür, dass man am Wochenende hier kaum Ruhe finden kann. Am frühen Samstagmorgen fahren wir deshalb weit der südlichen Küste entlang, bis wir nahe Gezaulole direkt am Strand einen idealen Platz für das Buschcamping finden. Hier treffen wir auf ein spanisches Paar, das sich nach zwei Monaten Reisen in Tansania mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einem für nur gerade USD 9 pro Tag gemieteten Strandhaus erholen. Dies ist enorm wenig, zahlt man auf Campingplätzen doch bis zu USD 10 pro Person und Tag! Die nächsten Tage verbringen wir auf dem weitläufigen Campingplatz South Beach und campieren allein und in absoluter Ruhe mitten auf einem Sandweg.

Der Strand südlich von Dar es Salaam mag zwar in weissem Sand und tiefblauem Meer erscheinen, eignet sich aber denkbar wenig zum Baden. Ein paar Kilometer entfernt befindet sich nämlich der grosse Hafen von Dar es Salaam, und das Meerwasser riecht eher nach Diesel denn nach Meer. Zudem fahren und parkieren riesige Frachtschiffe in unmittelbarer Nähe, was auch nicht gerade zu einer guten Wasserqualität beiträgt. Der Strand wird nicht nur von Touristen und einheimischen Kindern, die gerne etwas Zeit mit uns verbringen, besucht, sondern auch von Tieren: Jeden Tag spaziert nämlich mindestens einmal eine Kuh- und Ziegenherde dem Strand entlang - allerdings ohne Badekleider: offenbar wollen auch sie in diesem Wasser nicht Schnorcheln gehen. Als wir den Fotoapparat für Landschaftsaufnahmen hervor nehmen, wollen sie unbedingt auch fotografiert werden. Ihre Freude, dass wir einige Fotos von ihnen machen, drücken sie mit den wildesten Kapriolen und Kunststücken aus. Nach diesen Aufnahmen auf dem Sandstrand wollen sie auch im Meer fotografiert werden. Sie legen ihre Scheu so weit ab, dass sie sich einige Meter von uns entfernt nackt ausziehen und ins Wasser springen. Auch da machen witzige Kampfbewegungen und tollen herum. Als sich der Tag dem Ende zuneigt und sich immer noch zwei Buben bei uns aufhalten, schenken wir ihnen zwei gelbe Ballone und Malstifte. Die Ballone befestigen sie alsdann am Santi und wollen ihn so geschmückt uns überlassen. Erst als wir ihnen erklären, dass auch die Ballone ihnen gehören, montieren sie diese wieder ab. Wir sind erstaunt, wie anständig und zurückhaltend die Kinder sind. Nicht ein einziges Wort des Bettelns kommt ihnen über die Lippen. Im Gegenteil, sie bringen uns sogar frische Kokosnüsse, welche sie uns mit einer grossen Machete für uns öffnen. Zusammen trinken und essen wir den Inhalt. Es ist schön, mit diesen Buben so viel zu lachen und Spass zu haben.


Noch ein Wort zum Wetter. Die ganze Zeit über war es typisches Aprilwetter. Wir hatten praktisch keinen Tag ohne Sonne, Wolken und Regen. Zudem war es extrem schwül, und unser Wasserverbrauch erreichte beinahe astronomische Ausmasse.

Die Zeit in und um Dar es Salaam haben wir zudem mit dem Lernen von ein paar Brocken Swahili verbracht. Die Einheimischen haben jeweils grosse Freude gezeigt, wenn wir sie in ihrer Sprache begrüssen, verabschieden und sonst ein paar Worte mit ihnen wechseln können. Die Freude von ihnen ist so gross, dass sie uns weitere Begriffe beibringen und uns sehr herzlich aufnehmen.

29. August 2008

Heute ist alles bereit für die Weiterreise. Eigentlich möchten wir heute Dar es Salaam verlassen, aber eben: Flexibilität wird in Afrika vorausgesetzt! Wir warten gut zwei Stunden auf die Fähre, die uns vom südlichen Stadtteil Kigamboni ins Zentrum fahren soll. Das Übersetzen mit der Fähre ist jedes Mal ein Schauspiel. Zuerst dürfen ein paar Autos auf die Fähre fahren, und dann werden die bislang hinter einem Gitter zurückgehaltenen Fussgänger "losgelassen". In riesigen Massen strömen dann die Menschen auf die Fähre und quetschen sich zwischen die Fahrzeuge. Sehr langsam tuckert anschliessend die Fähre über die Meeresenge, und kaum am anderen Ufer angekommen, rennen die Menschen von der Fähre weg. Weshalb sie zum Teil wie irr von der Fähre wegrennen, wird uns bis zum Schluss nicht ganz klar. 

Im Zentrum angekommen, kämpfen wir uns durchs Verkehrschaos. Wenn wir jetzt durch die ganze Stadt fahren, kommen wir erst am Nachmittag aus den Vororten hinaus. Wir beschliessen deshalb, in den nördlich der Stadt gelegenen Campingplatz des Hotels Silver Sands aufzusuchen. Wir wählen einen Standplatz direkt am Meeresstrand und machen einen gemütlichen Abendspaziergang.

30. August 2008

Nach einem ausgiebigen Spaziergang dem Strand entlang bis zum Hotel White Sands brechen wir definitiv auf in Richtung Kenia. Doch bevor wir die Grenze überqueren können, steht uns ein langer Transfer auf der Teerstrasse bevor. Schon bald vermissen wir die staubigen, steinigen und holperigen Pisten. Das Fahren auf den Pisten ist zwar mitunter nicht gerade materialschonend und gelegentlich arg nervzehrend. Aber dennoch macht es sehr viel mehr Spass, auf den Pisten langsam durch die Landschaft zu gondeln, als mit 80 km/h über die Teerstrasse zu donnern. Auf der Teerstrasse kommt man zwar rasch voran, dafür sieht man aber auch viel weniger von den Menschen und der Umwelt. Weil wir etwas zu viel Zeit in Dar es Salaam verbracht haben, ist unser Zeitplan arg durcheinander geraten, und jetzt möchten wir so rasch als möglich Nairobi erreichen. Deshalb machen wir ausnahmsweise einen langweiligen, uninteressanten Teerstrassentransfer und treffen am Nachmittag auf dem rund 10 km nördlich von Korogwe gelegenen Campingplatz Green Hill ein. Dieser erst vor kurzem eröffnete Campingplatz liegt malerisch am Fusse der Usambara-Berge und ist sehr sauber.

31. August 2008

Auch wenn der Campingplatz Green Hill sehr empfehlenswert und ruhig ist, verzichten wir dennoch auf eine morgendliche Dusche. Uns ist nämlich nicht ganz klar, woher das Duschwasser kommt. Solange wir nicht Gewissheit haben, dass das Wasser aus einem Bohrloch stammt, duschen wir nämlich nicht, denn es könnte bilharzioseverseucht sein.

Die Strasse über Moshi nach Arusha ist in einem guten Zustand, und wir rauschen an etlichen enorm weitläufigen Ananasplantagen vorbei. Millionen von Ananaspflanzen stehen in Reih' und Glied. Auch sonst erscheint die Landschaft grün und fruchtbar. Die ganze Fahrt über ist es bewölkt, und wir rechnen dauernd mit einem Wolkenbruch. Deshalb sehen wir nicht einmal die kleinste Ecke des Kilimanjaros - er hüllt sich in dicke Wolkendecken. Unmittelbar nach Arusha wechselt die Landschaft abrupt, und statt einem satten Grün sehen wir uns beinahe in eine Wüste versetzt: Ein staubiges Braun prägt die sanften, von verdorrtem Gras bedeckten Hügel.

Nach ein paar "Wüstenkilometern" können wir in der Abenddämmerung wunderbare Blicke auf den Mount Meru werfen und finden einen sehr ruhigen Schlafplatz. Der Weg dorthin führt durch tiefen Fesch-Fesch. Bei Fesch-Fesch handelt es sich um extrem feinen Sand. Dieser Sand zeichnet sich dadurch aus, dass er beinahe die Konsistenz von Mehl aufweist, was ein tiefes Einsinken mit sich bringt. Ausserdem staubt es gewaltig - dies gefällt uns jedoch sehr.

1. September 2008

Etwas früher als geplant und ohne Frühstück fahren wir weiter. Wir wären gerne etwas länger hier geblieben, aber leider kamen drei Soldaten zu uns und vertrieben uns mit den Worten, es handle sich beim gesamten Gebiet um militärisches Sperrgebiet. Als Helen ein paar Fotos vom durch den Fesch-Fesch fahrenden Santi machen will, wird sie sogar noch von einem Soldaten verfolgt, und wir fahren sehr schnell weg. Bald erreichen wir die Grenze zu Kenia, und müssen am tansanischen Grenzposten leider noch einmal die Road Tax bezahlen. Eigentlich müssten wir nur ein paar wenige Tage nachzahlen, aber die Beamten stellen auf stur. Da wir noch bei Tageslicht den Campingplatz in Nairobi erreichen wollen, verzichten wir auf ein langes Palaver und bezahlen die verlangten USD 20. Nach einer guten Stunde ist Tansania für uns Geschichte, und...

 

 

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Fotoalbum Tansania 2