Türkei

"Während man den Fluss überquert, wechselt man nicht das Pferd."

(Sprichwort aus der Türkei)

Datum:

1. Dezember 2008 bis 7. Dezember 2008

Strecke:

2'620 km

Diesel:

2,53 Lira/Liter (Edirne) bis 2,59 Lira/Liter (Bursa)

Währung:

Türkische Lira; 1 US-$ = 1,34 Türkische Lira

Visum:

gratis an der Grenze ausgestellt

Route:

Yayladagi (Grenze zu Syrien) - Hatay - Iksenderum - Adana - Mersin - Silifke - Anamur - Antalya - Burdur - Dinar - Denizli - Aydin - Izmir - Ayvalik - Troja - Çanakkale - Bandirma - Bursa - Kocaeli - Istanbul - Edirne -

Klima:

Temperaturen:

Sonnentage:

Regentage:

Durchzogene Tage:

Ø 7° C  bis Ø 17° C

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Fotoalbum

Tagebuch

1. Dezember 2008

Eigentlich dachten wir, Syrien sei das letzte Land mit etwas schwierigerem Einreiseprozedere. Doch weit gefehlt: Erst nach zweieinhalb Stunden haben wir die türkischen Grenzformalitäten hinter uns Eine halbe Stunde allein wird benötigt, um unser Carnet abstempeln zu lassen! Und da die Grenzbeamten uns nicht glauben, dass wir tatsächlich eine in der Schweiz abgeschlossene Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für den Santi haben, muss die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft eine Bestätigung per Fax an den Grenzposten schicken... Auch Sky scheint die Welt nicht mehr zu verstehen und "hängt in den Seilen".

Bis nach Hatay erinnert uns die Landschaft an die Schweizer Voralpen, und kaum verlässt man die Teerstrasse, sieht man unzählige Pilze aus dem Boden spriessen.

Bald geht es auf Schnellstrassen und Autobahnen meist dem Meer entlang bis nach Ayas, wo wir auf der Strandwiese vom Davut Otel übernachten können. In Damaskus haben uns Bernd und Dirk auf das Davut Otel hingewiesen; sie haben dort beinahe zwei Wochen verbracht. Allerdings konnten sie in ihrem zumindest etwas schallisolierten MAN schlafen - wir hingegen sind in unserem Dachzelt schonungslos dem Verkehrslärm sowie den bellenden Hunden ausgesetzt. Dieses Hotel können wir wirklich nur schwerhörigen Gästen empfehlen...

2. Dezember 2008

Nach einer ziemlich schlaflosen Nacht geht es der Küste entlang westwärts, bis wir auf die in der Morgendämmerung gespenstisch aussehende Burg Kizkalesi (sogenannte Mädchenburg) stossen, welche ca. 200 m vom Strand entfernt im Meer erbaut wurde.

Danach verlassen wir die Küste und stossen ins Landesinnere vor, bis wir feststellen, dass wir auf den unzähligen Serpentinen nur sehr langsam vorwärts kommen. Wir beschliessen deshalb, umzukehren, und der Küste entlang bis nach Antalya zu fahren. Grundsätzlich ist dies sicher keine schlechte Idee, nur - das mit dem "schneller fahren" erweist sich als Trugschluss. Die Schnellstrasse wandelt sich rasch in eine schmale Passstrasse um, die sich um die unzähligen Landzungen schlängelt und über unzählige Hügel und Schluchten nach Alanya führt.


Uns umgibt nun plötzlich nicht mehr eine karge "Alpenlandschaft", sondern eine fruchtbare Region, in der die Ebenen von Treibhäusern bedeckt sind.

Dank der "Rückverwandlung" der Passstrasse in eine Autobahn erreichen wir am späteren Abend nach einem anstrengenden Tag Antalya. Am Meer finden wir auf dem Parkplatz vom Club "Elmo Beach" einen idealen Schlafplatz, wo wir müde in unsere Schlafsäcke klettern können.

3. Dezember 2008

Frühmorgens geht es zuerst nordwärts bis nach Dinar, und dann westwärts nach Izmir. Dazwischen meldet sich zum ersten Mal seit unserer Abreise der Eiswarner, und tatsächlich beträgt die Aussentemperatur gerade noch 1,8° C. Wir haben uns in den letzten zwei Wochen zwar etwas an die kühleren Temperaturen gewöhnen können, aber mit diesen Temperaturen haben wir in der Türkei wirklich nicht gerechnet - zumal wir uns nur wenige Kilometer von der Küste entfernt befinden! Schweren Herzens verabschieden wir uns von der afrikanischen Wärme und packen Kappen und Handschuhe aus.

Entlang der Strasse werden oft ganz dünne, weisse Bäume angepflanzt, die steckengerade in den Himmel wachsen. Wir wissen nicht, zu welchem Zweck deren Holz genutzt wird, freuen uns aber über das unübliche Aussehen der Baumgruppen. Abgesehen von diesen Baumgruppen ändert sich landschaftlich gesehen nicht viel. Dank der guten Strasse erreichen wir noch am Abend die Millionenstadt Izmir und finden etwas ausserhalb in einem Industrieareal einen sicheren Schlafplatz.

4. Dezember 2008

Natürlich weckt ein Santana mit aufgestelltem Dachzelt das Interesse nicht nur der Polizisten, sondern auch der Lkw-Fahrer, und immer wieder hören wir, wie Männer um das Auto stehen und über uns diskutieren. Wir schlafen deshalb nicht allzu lange und brechen noch in der Dunkelheit auf.

In der Türkei wechseln sich offenbar gerne Autobahnabschnitte mit engen Dorfstrassen ab, und selbst auf der Autobahn muss man mit roten Lichtsignalen rechnen. Fast an jeder Kreuzung hat es Lichtsignale, was uns langsam ähnlich intensiv zu nerven beginnt wie die unzähligen Strassenschwellen von Ägypten bis Syrien. Trotzdem kommen wir recht zügig voran und freuen uns, bereits am späteren Nachmittag in Troja einen Campingplatz zu erreichen.

5. Dezember 2008

Heute steht Geschichte auf dem Programm, denn wir besuchen die historische Stätte von Troja. Am Eingang werden wir von einer Nachbildung des Trojanischen Pferdes begrüsst. Allerdings steht die Nachbildung nicht für Authentizität, denn das "richtige" Trojanische Pferd hatte wohl kaum Fenster für die Soldaten! Entsprechend wurde für den Film "Troja" ein anderes Trojanisches Pferd gebaut, welches heute in Originalgrösse an der Strandpromenade in Canakkale bestaunt werden kann. Dieses ist deutlich authentischer als dasjenige in Troja. Kein Wunder, dass das Pferd in Troja als Kinderspielplatz dient...

Die Ruinen von Troja sind etwas unübersichtlich, denn am selben Ort wurden im Laufe von 3000 Jahren verschiedene Städte errichtet. Heute werden die verschiedenen Siedlungen Troja I (3000 bis 2500 vChr) bis Troja IX (85 vChr bis 600 nChr) genannt, und jedes dieser Troja hat mehrere "Untertrojas" (z.B. Troja II a bis g). Die informativen Tafeln vor den Ruinen helfen uns, den historischen Überblick zu behalten, und was den berühmten Trojanischen Krieg anbelangt, hat es Markus gut, denn Helen ist gemäss dem Grundsatz "nomen est omen" vorbelastet. Sie macht ihrem Namen aber alle Ehre und erklärt Markus, dass wegen ihr (bzw. der griechischen Göttin Helena) der Trojanische Krieg ausgebrochen ist: Aufgrund eines längeren Streits zwischen den drei Göttinnen, Aphrodite (Göttin der Liebe), Hera (Schützerin der Ehre) und Pallas Athene (Göttin der Klugheit), wer die Schönste Göttin auf dem Olymp sei, wurde Zeus gebeten, ein Urteil zu fällen. Ihm war die Folge eines Urteils klar, so dass er den Götterboten Hermes zu Paris schickte, welcher ein Urteil über deren Schönheit ablegen musste. Paris war auf Macht und Königreiche nicht versessen, so dass er sich für Aphrodite entschied. Diese versprach ihm nämlich die schönste Frau der Welt. So kam es, dass der trojanische Prinz Paris Helena, welche bereits mit Melenaos, dem König von Sparta, verheiratet war, nach Troja entführte. Als Melenaos seine Gattin nicht mehr auffinden konnte, erklärte er deshalb zusammen mit griechischen Königen Troja den Krieg. Diese versprachen ihm nämlich bei dessen Hochzeit, ihm behilflich zu sein, falls Helena jemals etwas zustossen sollte. Der Krieg dauerte 10 Jahre. Der kluge Odysseus, der intelligenteste unter den Achäern hatte die Idee vom berühmten trojanischen Pferd. Es sah so aus, als hätten die Achäer ihre Niederlage eingesehen und wären wieder nach Griechenland gefahren. Dieser Glaube führte dazu, dass die Trojaner das hölzerne Pferd in die Stadt hinein zogen und ihren Sieg feierten. Des Nachts kletterten Odysseus und seine Kämpfer aus dem Pferd und öffneten den anstürmenden achäischen Truppen die Stadttore. Somit war Troja besiegt und von der Stadt war nur noch Trümmer und Asche übrig. Helena kehrte mit Melenaos nach Sparte zurück und Paris erlag im Kampf gegen den Sohn von Achilles. Diese Legende verdanken wir dem hervorragenden Dichter Homer, welcher in seiner "Ilias" über den trojanischen Krieg berichtet.

Heinrich Schliemann hat ab 1870 während rund 20 Jahren in Troja Ausgrabungen vorgenommen, und dabei als erster die verschiedenen übereinander liegenden Siedlungsschichten entdeckt. Auch wenn er dabei unwissentlich gewisse archäologische Sensationen zerstörte, hat er dennoch Pionierarbeit geleistet! Der von ihm vorangetriebene "Einschnitt" wird "Schliemann-Graben" genannt. Dank diesem Graben können die Besucher nicht nur auf den Tafeln, sondern auch "im Gelände" die verschiedenen Siedlungsschichten sehr gut erkennen.

Wir versetzen uns in die damalige Zeit zurück und stellen uns vor, wie die Menschen gelebt haben könnten. Die Schautafeln erleichtern es uns erheblich. Obwohl beinahe nur noch Ruinen aufzufinden sind, fasziniert uns dieser geschichtsträchtige Ort enorm. Wir lernen viel über das Leben, die verwendete Baustoffe und die angewandten Bautechniken, und nicht selten gelingt uns der Kurzschluss mit der Homer'schen Ilias. Ein Besuch dieser Stätte macht klar, weshalb Troja zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

6. Dezember 2008

Bereits in der Morgendämmerung brechen wir in Richtung Canakkale auf und haben einen weiten Weg vor uns, denn wir möchten heute gerne Istanbul erreichen. Vorbei an weitläufigen fruchtbaren Ebenen und entlang den Dardanellen geht es auf zum Teil holprigen Teerstrassen - manchmal aber auch auf neu erstellten Autobahnabschnitten - bis in die Vororte von Istanbul.

Dort wird es hektischer und chaotischer, denn mit Einbruch der Dunkelheit nimmt der Verkehr ganz erheblich zu. Die Autos überholen links und rechts, geblinkt wird nur selten, und oft muss der Pannenstreifen für gewagte Überhol- und Ausweichmanöver herhalten. Wie wir über den Bosporus fahren, sind wir etwas enttäuscht, denn weit und breit gibt es kein einziges Schiff zu entdecken. Dafür sind wir jetzt in Europa, und bald schon schlängeln wir uns auf dem Autobahngewirr in Richtung Innenstadt von Istanbul. Wir steuern die inmitten von Istanbul gelegene Hagia Sofia sogar so direkt an, dass wir uns quer durch die engen Altstadtgassen quälen. Wohl gefallen uns die Pflastersteinengassen nicht schlecht, aber wenn man mit einem Auto, das einen Wendekreis wie ein Schnellzug hat, zwischen stehenden Autos, fahrenden Fahrrädern und herumlungernden Menschen manövrieren muss, vergeht einem das Lachen! Wenigstens werden wir in einem Süsswarengeschäft mit türkischen Spezialitäten für unsere Strapazen belohnt.

Kurz darauf besichtigen wir das berühmteste Bauwerk Istanbuls, die Hagia Sofia (Kirche der göttlichen Weisheit). Seit fast 1500 Jahren lässt sich diese gigantische, verschachtelte und 1453 nChr zur Moschee umfunktionerte Kirche bewundern. Sultan Ahmet I. setzte sich ein Denkmal, indem er nur einige Meter von der Hagia Sofia entfernt die Blaue Moschee erbaute. Das Äussere der Moschee hat einen genauso überwältigenden Effekt wie die Hagia Sofia. Trotzdem hält sie einem Vergleich mit der Hagia Sofia nicht stand, denn letztere überzeugt nicht nur durch ihre Grösse, sondern vor allem auch durch ihre filigranere Verarbeitung und dem eleganten Aufbau.

   Hagia Sofia                                                                               Minarett der Hagia Sofia                              Blaue Moschee

Spätabends würden wir uns gerne auf einem Campingplatz schlafen legen, doch uns graut vor dem Gedanken, in der Nacht irgendwo ausserhalb Istanbuls auf die Suche nach einem Campingplatz zu gehen. Deshalb erkundigen wir uns im Hotel Ottoman, ob wir auf einem direkt davor liegenden Parkplatz schlafen dürfen. So kommen wir in den Genuss eines direkt vor der Hagia Sofia liegenden Schlafplatzes - näher als wir schläft niemand! Allerdings wird am Morgen auch niemand lauter vom Muezzin geweckt als wir...

7. Dezember 2008

Nach dem Frühstück und einem Spaziergang durch Istanbul verlassen wir diese Metropole und steuern direkt die türkisch-bulgarische Grenze an, wo wir am Nachmittag eintreffen. Die Ausreise aus der Türkei verläuft rasch und unproblematisch. Sogar das Carnet wird ohne lange Diskussionen abgestempelt...

 

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