Syrien

"Willst du ein hohes Ziel erreichen, dann nimm dein Kamel und lasse die Esel im Stall."

(Sprichwort aus Syrien)

Datum:

23. November 2008 bis 1. Dezember 2008

Strecke:

1'293 km

Diesel:

0,25 Pfund/Liter (Aleppo und Kasab)

Währung:

1 syrisches Pfund = 100 Piaster; 1 US-$ = 49 Pfund

Visum:

US-$ 60; an der Grenze ausgestellt

Route:

Ar Ramtha (Grenze zu Jordanien) - Damaskus - Nabk - Homs - Qual'at el Hosn - Homs - Hama - Aleppo - Hama - Aleppo - Idlib - Kasab (Grenze zu der Türkei)
Klima:

Temperaturen:

Sonnentage:

Regentage:

Durchzogene Tage:

Ø 8° C  bis Ø 18° C

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Fotoalbum

Tagebuch

23. November 2008

Die Grenzformalitäten auf syrischer Seite dagegen gestalten sich etwas langatmiger. Bei der Immigration wird als erstes gleich die Frage gestellt, weshalb wir uns während unseres Aufenthaltes in Jordanien kein syrisches Visum besorgt haben. Die Antwort, wonach uns jeder in Jordanien versicherte, an der syrischen Grenze ein Visum zu erhalten, befriedigt den Immigration-Officer nicht sonderlich. Daraufhin erklärt er uns, er müsse sich telefonisch in Damaskus erkundigen, ob er uns ein Visum ausstellen dürfe. Zum Glück erhalten wir nach einer kurzen Wartezeit das Visum in unsere Pässe gedrückt, und nach einigem Hin und Her sowie nach Bezahlen der Visagebühren, der Dieselsteuer (US-$ 100), der Motorfahrzeughaftpflichtversicherung (US-$ 53) und den Strassenreinigungsgebühren (US-$ 20) können wir nach eineinhalb Stunden offiziell den syrischen Boden betreten.

Auf direktem Weg fahren wir nach Damaskus, wo wir in der Dunkelheit per Zufall auf den Campingplatz New Kaboun Camping stossen. Auch wenn er nur wenige Meter neben der Autobahn und nur einen Steinwurf von der nächsten Moschee entfernt ist (der Muezzin lässt grüssen...), sind wir froh, in der Nähe der syrischen Hauptstadt einen sicheren Schlafplatz gefunden zu haben.

24. und 25. November 2008

Mit einem Taxi fahren wir in die Innenstadt von Damaskus. Eigentlich wären wir gerne mit dem Santi gefahren, aber ein französisches Ehepaar, welches mit ihrem Kind und einem Wohnmobil bis nach Tansania fahren möchte, rät uns dringend davon ab. Sie waren gestern in Damaskus und hatten schlicht und einfach keinen Parkplatz gefunden. Nach einer kurzen Taxifahrt erreichen wir ein Internetcafé und fahren nach diversen Einkäufen zurück zum Campingplatz.

Damit Sky wieder einmal richtig spazieren kann, fahren wir am nächsten Tag mit dem Santi weit aus der Agglomeration von Damaskus hinaus und finden in der Nähe des Flughafens ein ideales Gelände zum Spazieren. Unsere Anwesenheit bleibt aber nicht lange verborgen, denn kaum halten wir an, holpert ein Fahrzeug über den Feldweg und fordert uns zum Anhalten auf. Es handelt sich um zwei Militärs, die wissen wollen, was wir hier tun. Nach der Aufnahme unserer Passdaten lassen sie uns spazieren gehen. Kaum sind wir wieder zurück, nähert sich ein anderes Fahrzeug, besetzt mit Mitarbeitern der Syrianair und einem Polizisten. Wiederum werden unsere Passdaten aufgeschrieben. Offenbar können die Syrier wirklich nicht verstehen, dass Touristen mit einem Hund das Bedürfnis verspüren, einmal etwas zu spazieren. Bei der Rückfahrt nach Damaskus entdecken wir die Wohnung von Aladin. Leider können wir ihm unsere Wünsche nicht antragen, da er zur Zeit nicht zu Hause ist...

Nach diesem Abstecher wagen wir uns mit dem Santi in die Innenstadt von Damaskus. Es stimmt schon, es sind enorm viele Autos unterwegs, und eine Parklücke zu finden ist fast wie ein Sechser im Lotto. Während Markus mit dem Santi herumkurvt, geht Helen im Souk Shal-Jalaa einkaufen. Die Syrier erweisen sich als sehr hilfsbereit. Sie führen Helen sogar zu einem Laden, in welchem es Hundefutter zu kaufen gibt und helfen ihr ohne jegliches Entgelt, das Eingekaufte zum Santi zu tragen. Zudem finden wir einen Bancomaten, der nicht nur VISA-Karten akzeptiert, sondern tatsächlich auch funktioniert und dem Kunden zudem die Möglichkeit gibt, zwischen der Auszahlung von syrischen Pfund und US-$ zu wählen. Es ist schon erstaunlich: In ganz Afrika konnten wir an Bancomaten jeweils nur die einheimische Währung beziehen, und im "Schurkenstaat Syrien" spuckt uns ein Bancomat US-$ aus!

26. November 2008

Die Fahrt in Richtung Homs geht grossteils durch wüstenähnliche Gegenden, wie wir sie bereits aus Jordanien kennen. Einmal aber entdecken wir etwas abseits der Strasse in Seddah eine aus ursprünglichen Häusern gebaute Siedlung. Wir besichtigen diese Häuser zu Fuss und stellen fest, dass in keinem der Häuser jemand wohnt. Erst als wir vom heranspurtenden Security-Mann darauf hingewiesen werden, dass wir uns auf Militärgelände befinden, Fotografieren verboten sei und wir verschwinden sollen, wird uns bewusst, dass diese Häuser nicht zum darin Wohnen gebaut wurden, sondern mehr als Ablenkungsmanöver - niemand soll wissen, dass hier ein "geheimer" Militärstützpunkt ist.

Unser Reiseführer legt uns einen Besuch von Palmyra, einer 2000 Jahre alten Römerstadt, sehr ans Herzen. Aber wir haben in Jordanien bereits derart viele Ruinen besucht, dass wir diesbezüglich gesättigt sind. Wir verzichten deshalb nach Homs auf einen Abstecher gen Osten und fahren stattdessen gen Westen, und zwar zum Krak des Chevaliers. Hierbei handelt es sich um eine enorm gut erhaltene Kreuzritterburg. Sie wurde nie zerstört und galt als uneinnehmbar. Im Jahre 1271 war die Burg der letzte christliche Aussenposten, und statt mit 2'000 Soldaten wurde die Burg nur noch von rund 200 Soldaten verteidigt. Obwohl genügend Wasser und Nahrung für fünf Jahre vorhanden gewesen wäre, hat der Kommandant die Burg im Gegenzug zu freiem Geleit zurück nach Europa den die Burg belagernden muslimischen Truppen übergeben. Wir sind diesem Kommandanten sehr dankbar, denn dank ihm können wir durch eine praktisch unversehrte und sich weitestgehend noch im Originalzustand befindende Kreuzritterburg wandeln.

Heute reicht uns die Zeit nur, um die "äussere Burg" zu besichtigen. Wir sind tief beeindruckt von den enorm dicken Mauern, der sehr intelligent gebauten Verteidigungsanlage und der gesamten Konzeption der Burg. Sogar in der äusseren Mauer sind grosse Hallen, Bäder und viele Räume eingebettet.

27. November 2008

Dank unserem nur einen Steinwurf von der Burg entfernten Schlafplatz sehen wir die Gemäuer nicht nur im Abend- sondern auch im Morgenlicht. Und heute Vormittag verbringen wieder ein paar Stunden im Innern der Burg. Wir bewundern die hohen und kühlen Räume mit den geschwungenen Decken, die unzähligen Schiessscharten sowie die grosse Empfangshalle. Diese Halle ist der einzige Raum in der gesamten Burg, deren Fenster sorgfältig dekoriert wurden und irgendwie gar nicht in diese wehrhafte Anlage passen. Wir hätten noch Tage in der Burg verbringen können, aber leider ruft die Zeit.

Noch lange auf der Weiterfahrt nach Hama sprechen wir vom Gesehenen und staunen noch heute darüber, wie gut diese Burg erhalten ist. Kaum in Hama angekommen, stehen wir denn auch schon vor dem nächsten Highlight. Seit dem fünften Jahrhundert nChr werden hier hölzerne Wasserräder gebaut, um Wasser aus dem Orontes in die Felder zu leiten. Diese Wasserräder sind bis zu 20 m hoch und funktionieren grundsätzlich noch immer - es sei denn, der Orontes führt - wie immer im Sommer und im Herbst - zu wenig Wasser.

Da der auf unserer Karte verzeichnete Campingplatz nicht besteht, erkundigen wir uns in Hama beim Hotel Cham Palace, ob wir auf deren Parkplatz übernachten dürfen, was uns umgehend und ohne jegliche Bezahlung erlaubt wird. Auch wenn es dank dem Muezzin nicht besonders ruhig ist, sind wir froh, mitten in der Stadt sicher schlafen zu können.

28. und 29. November 2008

Die Fahrt nach Aleppo führt uns durch ziemlich fruchtbares Ackerland mit unendlich vielen Olivenbäumen entlang der Schnellstrasse. Unsere Pausen verbringen wir mit Spaziergängen entlang riesiger Felder mit Oliven- und anderen Bäumen. Wir geniessen absolute Ruhe und Einsamkeit. Kein "jammernder" Muezzin, keine bellenden Hunde, und kein Autolärm stört. Wir sind froh, wieder im Auto zu sitzen, als der heftige Regen uns überrascht - es regnet heute für uns zum ersten Mal seit langem wieder, und der Santi wird zu unserem Leidwesen immer wie sauberer!

Wir besuchen den Souk der Grossstadt Aleppo (rund 3 Mio. Einwohner). Es ist nicht ganz einfach, ohne eine sinnvolle Strassenkarte den Weg durch die Millionenstadt zu finden, zumal die Syrer das System der Einbahnstrassen unheimlich lieben! Dank GPS und unserem Bauchgefühl finden wir jedoch bald den Souk, und sogar fast unmittelbar davor einen freien Parkplatz - letzteres ist übrigens eine absolute Mangelware in dieser Stadt.

Leider ist die Zitadelle nicht mehr besonders gut erhalten; deren Besichtigung fällt dementsprechend kurz aus. Wohl wurden ein paar Gebäude rekonstruiert bzw. renoviert, aber hauptsächlich besteht die Zitadelle aus für uns nicht mehr zuordenbaren Ruinen. Wenigstens bietet uns ein renovierter Turm eine atemberaubende Aussicht auf das weitläufige Aleppo. Als einziges wirkliches Highlight der Zitadelle erachten wir den hervorragend restaurierten Thronraum. Wunderschöne Schnitzereien, grosse Kronleuchter und farbige Fenster ziehen uns in ihren Bann. Zum Glück wird dieser Raum permanent bewacht, sonst würden sich die vielen Touristen mit Kritzeleien verewigen.


Der Souk von Aleppo zählt zu den grössten und wichtigsten Souks des Mittleren Ostens. Hier findet man von Autositzen bis zu Zitronensaftpressen so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Leider treiben sich im dichte Gewühl von Einheimischen und Touristen auch Taschendiebe umher, weshalb eine erhöhte Vorsicht sicher nicht fehl am Platz wäre. Auf dem Campingplatz "Salam" etwas ausserhalb von Aleppo treffen wir Bernd und Dirk, die mit ihrem MAN in den nächsten zwei Jahren Afrika umrunden wollen. Ganz herzlich bedanken wir uns bei den beiden an dieser Stelle nochmals für den netten Abend sowie für das Ausleihen ihres Türkei-Reiseführers und ihrer Türkei-Strassenkarte!

30. November 2008

Langsam aber sicher geht es heute in Richtung Türkei. Dank dem Rat von Bernd und Dirk steuern wir einen eher selten benutzten Grenzübergang an. Dies mit folgendem Hintergedanken: In Syrien muss pro sieben Tage eine Dieselsteuer von US-$ 100 bezahlt werden. Anlässlich der Einreise haben wir entsprechend eine Dieselsteuer für eine Woche bezahlt - halten uns aber bereits seit mehr als sieben Tagen in Syrien auf. Jetzt hoffen wir, dass es die Grenzbeamten bei einem nicht oft benutzten Grenzübergang nicht allzu ernst nehmen. Die Fahrt zum südlichsten Zipfel des türkischen Festlandes führt uns durch fruchtbare Ebenen und dichte Wälder. Oft werden wir von der Landschaft her betrachtet an Italien, Korsika oder das Tessin erinnert. Durch die Wälder führt neben selten befahrenen Erd- und Steinpisten bloss eine schmale und kurvenreiche Passstrasse. Wir hätten nie gedacht, in Syrien eine derart bewaldete Landschaft vorzufinden! Am Waldrand können wir seit langem wieder eine herrlich ruhige Nacht verbringen.

1. Dezember 2008

Kurz vor der Grenze in Kasab treffen wir auf einen Schafhirten mit typisch syrischer Kopfbedeckung, der mit seiner Herde über die enge Passstrasse zieht. Mit Stolz posiert er für uns und dirigiert uns sogar in die richtige Kameraposition.

Kurze Zeit später stehen wir an der syrischen Grenze, und aus Versehen zeigt Helen dem Grenzbeamten nicht den Beleg über die bezahlte Dieselsteuer, sondern jenen über den Geldwechsel (Wechsel von US-$ 200 in syrische Pfund). Der Grenzbeamte glaubt, dies sei der Beleg über die für zwei Wochen bezahlte Dieselsteuer, und auch seine von ihm zu Rate gezogenen Kollegen gehen davon aus. Für uns ein glücklicher Zufall, denn sonst hätten wir heute nochmals US-$ 100 bezahlen müssen. Nach nur gerade zehn Minuten ist das Grenzprozedere erledigt, und wir können aus Syrien ausreisen.

 

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