Botswana

"Man wird nicht gross, wenn man die Grösse für sich beansprucht."

(Sprichwort aus Botswana)

Datum:

11. April 2008 bis 2. Mai 2008

Strecke:

2'301 km

Diesel:

5,80 Pula/Liter (in Lethlakeng) bis 7,50 Pula/Liter (in Maun und Kasane)

Währung:

1 Pula = 100 Thebe; 1 USD = 5,599 Pula

Visum:

gratis an der Grenze ausgestellt

Route:

Ramatlabama (Grenzübertritt) - Kanye - Gasese - Lethlakeng - Sebabeng - Kungwane - Kutse Game Reserve - Central Kalahari Game Reserve - Kukama - Kikao - Xade - Matswere - Makalamabedi - Maun - Moremi Game Reserve - Chobe Game Reserve (Savuti - Nogatsaa - Riverfront) - Kasane - Kazungula (Grenze zu Simbabwe)

Klima:

Temperaturen:

Sonnentage:

Regentage:

Durchzogene Tage:

Ø 7,5° C bis Ø 31° C

16

2

3

Fotoalbum

Tagebuch

11. April 2008

...Auf der botswanischer Seite erhalten wir nach Ausfüllen eines Formulars das Visum in den Pass gestempelt. Dies allerdings nicht, ohne die visumserteilende Beamtin beinahe in den Wahnsinn zu treiben, bloss weil wir kein Hotel als unseren Aufenthaltsort angeben können. Nach einigem Hin und Her dürfen wir einen Campingplatz am mutmasslichen Ausreiseort als unsere "temporäre Adresse in Botswana" angeben. Ebenfalls auf Unverständnis stossen wir, weil wir zudem weder eine klare Reiseroute noch eine bestimmte Aufenthaltsdauer angeben.

Bevor das Carnet de Passage abgestempelt werden kann, muss eine Road Tax von 60 Pula entrichtet werden. Deshalb begeben wir uns in die nahe gelegene Wechselstube, um ein paar Dollar zu tauschen. Bei der hierbei notwendigen Angabe unserer Heimadresse möchte Markus die Bankangestellte unterstützen und die Adresse auf einen Zettel schreiben. Diese jedoch besteht darauf, dass er unsere Adresse durch die Panzerglasscheibe schreien soll. Logischerweise versteht sie kein Wort und kann auch nicht Lippenlesen. Nach einiger Zeit klappt es dann doch, und wir realisieren, dass es zumindest in Botswana wichtig ist, eine Postfachadresse zu haben. Wir werden deshalb zukünftig immer nur Postleitzahl, Wohnort und Land angeben. Zurück beim "Carnet-Beamten" fragt auch er uns nach unserer Reiseroute. Als er erfährt, dass wir Botswana nur als Transitland benützen, beträgt die Road Tax plötzlich 70 Pula. Wir lassen uns auf keine Diskussion ein und bezahlen die verlangten 70 Pula.

Da die Dunkelheit hereinbricht, beschliessen wir, uns für diese Nacht in Kanye in der Motse Lodge in einem einfacheren Chalet eine Übernachtung zu gönnen. Entgegen dem Grundsatz "nomen est omen" gibt es an der Motse Lodge nicht viel zu motzen.

12. April 2008

Zwar immer noch nicht ausgeruht, aber etwas gelassener beginnen wir in Kanye die Suche nach Schmierfett für die Federn vom Santi. In einem Ersatzteilladen kaufen wir das Schmierfett und lassen es in einer Garage in die Federpakete einarbeiten. Nach Einfetten der vorderen Federpakete und etwelchen Verständigungsschwierigkeiten meint der Mechaniker, die Schmiernippel der hinteren Federpakete seien verstopft oder defekt, und schickt uns zurück zum Ersatzteilladen, um neue Schmiernippel zu kaufen. Die Garage macht uns jedoch nicht einen derart vertrauensvollen Eindruck, als dass wir hier die Schmiernippel aus- und wieder einbauen lassen möchten. Deswegen machen wir uns im wahrsten Sinne des Wortes quietschvergnügt auf den Weg in Richtung Lethlakeng.

Endlich können wir die Teerstrasse verlassen und fahren auf Sandwegen via Gasese und Moshaweng im einsamen Gelände Lethlakeng entgegen. Dank der guten Vorarbeit in Camps Bay bzw. der eingegebenen GPS-Punkte erweist sich die richtige Routenwahl des sich oft verzweigenden Weges nicht als Glückssache. In Lethlakeng tanken wir nochmals voll, bevor es in Richtung Khutse Game Reserve weitergeht.

                                                                              "Wo bleibt das gute Wetter?"

Zum ersten Mal übernachten wir heute auf unserer Afrikaquerung in der freien Natur. In der Nacht wird Markus von einer besorgten Helen geweckt – er hat weder den Wetterumschwung noch das Donnergrollen wahrgenommen. Wir schliessen sofort das Dachzelt und ziehen in die untere Etage um. Dies deshalb, damit wir bei einem allfälligen Blitzeinschlag in einem Faraday’schen Käfig sind und somit unbeschadet bleiben. Damit wir in keiner Weise mit unserem Körper die Karrosserie berühren, liegen wir wie in Schlafsäcke eingewickelte Würstchen still und regungslos nebeneinander – es wäre fatal, bei einem Blitzeinschlag die Karrosserie zu berühren!

13. April 2008

Nach dieser schlimmen Nacht freuen wir uns über die leichte Wetterbesserung und erreichen um 9 Uhr das Gate beim Khutse Game Reserve. Zuerst wird nach unserer Reservationsbestätigung gefragt. Wir erklären der Wildhüterin, dass wir keine Reservation getätigt haben, worauf sie uns mit ernster Miene mitteilt, dass der Park ausgebucht sei. Wir bestehen aber weiterhin darauf, unbedingt diesen Park besuchen zu wollen. Zehn Minuten später ist der Park nicht mehr ausgebucht, und wir bezahlen für zwei Nächte 700 Pula und tragen uns in das Besuchsregister ein.

Das Khutse Game Reserve entstand 1971 und umfasst eine Fläche von 2'500 km2. „Khutse“ bedeutet „Ort, an dem man niederkniet, um zu trinken“. Bei der Gründung dieses Reservats ging es ursprünglich darum, ein wildreiches Teilgebiet der Kalahari mit zahlreichen mineralischen Pfannen zu schützen. Die beiden Völker „Bakgdagadi“ und „San“ wurden zwangsumgesiedelt und an der Parkgrenze neu angesiedelt. Entgegen dem Bericht im Reiseführer, wonach während der Regenmonate November bis Mai das Khutse Game Reserve die grössten Wildbestände (Herden von Spring- und Spiessböcken, Löwen, brauen Hyänen, Geparde) aufweisen soll, erweist sich das Reservat zwar als sehr grün und fruchtbar, aber leider verunmöglichen das hohe Gras und die grünen Büsche jegliche Tierbeobachtungen. Wir fahren jeden Weg, den man im Khutse Game Reserve fahren darf, ab, aber ausser einigen wenigen Springböcken auf einem Pan war nichts von Wildbeständen zu bemerken. Wir sind derart frustriert und enttäuscht, dass wir uns sogar mit den diversen Vogel-, Reptilien- und Insektenarten zufrieden geben. Unser grösster Stolz dieser „Safari“ ist die Entdeckung einer wunderschönen Pantherschildkröte!

14. April 2008

Uns ist bewusst, dass die bevorstehende Querung der Kalahari in nördlicher Richtung von Lethlakeng bis Rakops mit nur einem Fahrzeug mit gewissen Risiken verbunden ist. Nicht umsonst gilt die Querung des 25'800 km2 grossen Central Kalahari Game Reserves als waghalsiges Abenteuer, besteht doch auf der gesamten Strecke keine Versorgungsmöglichkeit bezüglich Nahrung, Wasser, Treibstoff oder Ersatzteilen. Zudem ist eine Verbindung weder per Natel noch per Thuraya-Satellitentelephon möglich.

Nichts desto trotz starten wir heute guten Mutes in nördlicher Richtung. Zuerst werden wir von einer riesigen Heuschrecke begleitet. Wir sind froh, dass wir durch die Frontscheibe von ihr getrennt sind… Wir rumpeln über eine sandige Piste, die in einem derart schlechten Zustand ist, dass wir nur im 1. oder 2. Gang fahren können. Die Landschaft präsentiert sich nach der Regenzeit ziemlich grün und fruchtbar. Überall an den Bäumen hängen zahlreiche runde Vogelnester, die von weitem wie Bälle aussehen. Die Landschaft zieht ruhig an uns vorbei, während wir hoffen, dass unser Santi die andauernden extremen Bodenwellen überlebt.

Am Abend wird Markus angenehm überrascht. Helen hat nämlich nicht vergessen, dass er heute seinen 33. Geburtstag feiert. Neben farbigen Teigwaren gibt es als Überraschung Geschenke, einen Kuchen inkl. Kerzen und Champagner! Bei Sonnenuntergang geniessen wir nach der mühsamen Fahrt einen ruhigen Abend.

15. April 2008

Zum Morgenessen gibt es den Rest des Geburtstagskuchens. Plötzlich taucht ein Schmetterling auf, der direkt auf einem Finger von Markus landet. Offenbar hat er die Süssigkeit des Geburtstagskuchens geschmeckt. Er spaziert gemütlich von einem Finger zum anderen, und wechselt sogar auf die Hand von Helen. Es ist erstaunlich, wie viel es zu entdecken gibt, wenn man sich Zeit nimmt.

Weiter geht es auf der Rumpelpiste, die sich gelegentlich mit brutal hartem Wellblech abwechselt. Nun erst stellen wir den Vorteil unserer druckluftgefederten Sitze fest. Ok, sicher schlagen wir ab und zu die Köpfe am Lattenrost oder können uns kaum unterhalten, weil wir dauernd auf und ab schwingen. Aber irgendwie bringt es uns auch zum Lachen, auch wenn Material und Panther leiden.

Markus hat die Idee, die abgelegene Siedlung Kikao zu besuchen. Bei den Bewohnern handelt sich dabei um eine Gruppe von San, welche von der botswanischen Regierung zwangsumgesiedelt wurden, inzwischen aber wieder illegal in der Kalahari zurückgekehrt sind. Der Weg dorthin gestaltet sich im wahrsten Sinne des Wortes dornenreich. Links und rechts schrammen Dornenbüsche dem Auto entlang, und das über 1,5 m hohe trockene Gras droht langsam aber sicher den Kühler zu verstopfen. Nach einiger Zeit schützen wir den Kühler mit zwei vor den Kühlergrill gespannten Abtrocknungstüchlein und Helens alten Trainingshosen vor dem Eindringen der Grassamen. Nach einiger Zeit erhitzt sich der Motor so stark, dass wir ihm eine Pause gönnen. So kämpfen wir uns langsam durch die Kalahari und finden nur dank dem GPS den Weg zur gut versteckten Siedlung.

Die San freuen sich sehr über den unerwarteten Besuch. Als Gastgeschenke verteilen wir den Kindern je einen Luftballon, und der Dorfchefin ein Hemd und einen Pullover. Wir sind erstaunt, dass die Kinder nicht betteln, obwohl sie mit praktisch nichts auskommen müssen. Die Freude über unsere Geschenke ist sehr gross. Wir sind ob der Sauberkeit in der Siedlung erstaunt und unterhalten uns etwas mit einem Jungen, der ein paar Brocken Englisch spricht. Nachdem wir der Dorfchefin eine handgemachte Kette abgekauft haben, fahren wir weiter.

Helen pilotiert den Santi sicher durch das hohe Gras, was sehr schwierig ist, da man den Fahrweg praktisch nicht zu erkennen vermag. Ein paar Stunden (und etliche hitzebedingte Pausen) später gelangen wir wieder auf eine etwas bessere Piste. Da offensichtlich ist, dass seit Wochen niemand mit dem Auto unterwegs war, haben wir keine Bedenken, mitten auf der Piste zu übernachten.

16. April 2008

Nach einer anstrengenden Fahrt erreichen wir mitten in der Kalahari das Wasserloch „Xaxa“, das wir aufgrund der vielen Mücken rasch wieder verlassen. Zudem scheint es von Tieren nicht gerade oft besucht zu werden. Per Zufall entdecken wir am Abend, dass sich in einer Kiste eine Spraydose selbständig entleert hat. Statt eines gemütlichen Abends gibt es deshalb eine Reinigungsaktion des gesamten Kisteninhaltes.

17. April 2008 

Dank der morgendlichen Kontrolle des Fahrzeugs können wir den Behälter der Scheibenwischflüssigkeit, welcher sich losgerüttelt hat, ohne weiteren Schadenwieder festschrauben.

Dadurch verzögert sich jedoch die geplante Abfahrt, wasdazu führt, dass wir erst gegen Mittag in Xade eintreffen. Dort befindet sich der offizielle südliche Eingang zum Central Kalahari Game Reserve. Wir werden begrüsst, als ob wir seit Jahren rege Gäste wären. Gerne würden wir den Eintritt in USD bezahlen, was jedoch nicht geht, da niemand in der Lage ist, uns das Retourgeld von 50 Pula zu geben. Wir werden gebeten, die Eintritts- und Übernachtungskosten erst beim Verlassen des Game Reserves zu bezahlen.

Nach dem Auffüllen der Wassertanks fahren wir los – nur leider in die falsche Richtung. Hiltis sind derart begeistert, dass sie endlich grosse Tiere sehen werden, dass sie ganz vergessen haben, den Mitteilungen vom GPS Beachtung zu schenken. Sie haben offenbar derart viel Zeit, dass sie erst nach 50 km bemerken, in die falsche Richtung zu fahren… Wir ärgern uns, da diese 50 km knapp fünf Stunden Fahrt bedeuteten – wieder einmal eine mühsame Wellblechpiste! Zum Glück besteht Helen darauf, sich hinter das Steuerrad zu setzen. Mit beinahe der doppelten Geschwindigkeit wie Markus blocht sie zurück nach Xade. Markus stellt erfreut fest, dass Helen von ihm viel gelernt hat, und er sich entspannt zurücklehnen kann. Um sieben Uhr passieren wir das Gate in Xade zum zweiten Mal und schaffen es tatsächlich doch noch, in die richtige Richtung zu fahren...

Kurz bevor wir anhalten um zu schlafen, kreuzt ein Stachelschwein unseren Weg. Es rennt vor dem Santi mit 7,3 km/h den Weg entlang. Es rennt wie ein Wahnsinniger, als ob es verfolgt würde. Obwohl wir manchmal ganz anhalten und alle Lichter ausschalten, verlässt es die Piste nicht, sondern rennt nur der Fahrspur entlang. Wir beschliessen, das Stachelschwein in unserer Erinnerung zu behalten, und unser Nachtlager mitten auf der Piste aufzuschlagen.

18. April 2008

Um sieben Uhr morgens geht die Fahrt weiter. Wir begegnen während des Tages keinem einzigen Menschen, dafür etlichen Gnus, Oryxantilopen, Borstenhörnchen („Erdhörnchen“), Gelbfussmoorantilopen, Schakalen und sogar einem Dachs.


Ebenfalls sehen wir diverse Vogelarten (Strauss, Riesentrappen, schwarzerMilan, Gelbschnabeltoko) sowie überraschenderweise sogar eine Mosambikanische Speikobra. Leider verschwanden viele Tiere derart schnell, dass es unmöglich wwar, sie mit dem Photoapparat einzufangen.

Um die Mittagszeit erreichen wir das Wasserloch Letihaua. Wir beabsichtigen, auf einer Wegkreuzung die gestern vorgekochten Teigwaren aufzuwärmen. Markus packt die Stühle aus dem Auto, als er plötzlich einen Schraubstock am Oberarm spürt. Es ist die Hand von Helen, die sich festkrallt, weil wenige Meter entfernt gemütlich ein Gepard seines Weges geht. Wir bestaunen das elegante Tier durch unsere Feldstecher und hoffen, dass er auf Jagd geht, weil sich mitten auf einer Ebene als einziges Tier eine einsame Oryxantilope befindet. Tatsächlich ist der Gepard plötzlich wie von der Bildfläche verschwunden. Wir glauben, dass er sich nun im hohen Gras der Oryxantilope anschleicht und es nun bald los geht. Wie überrascht und etwas enttäuscht sind wir doch, als der Gepard wenige Meter vor der Oryxantilope wieder auftaucht und einige Zeit neben ihr herschlendert. Wir hätten nie gedacht, dass tatsächlich ein Gepard mit einer Oryxantilope spazieren geht. Aus der erhofften Action ist leider nichts geworden…

Den ganzen Tag hindurch suchen wir den Schatten von Bäumen nach Löwen ab. Nach der Gepardsichtung haben wir die Hoffnung auf Löwen aber aufgegeben und fahren in Richtung „Campingplatz“, bis Helen plötzlich „Löwe!“ schreit – und weiterfährt. Tatsächlich tummeln sich direkt neben der Piste ein Löwe und eine Löwin im Schatten eines kleinen Strauches. Markus weist Helen an, sofort anzuhalten, sich ruhig zu verhalten und abfahrtbereit zu sein. Alsdann werden Aufnahmen von diesen beiden Löwen gemacht, und Markus möchte am liebsten aussteigen, um noch bessere Nahaufnahmen schiessen zu können, wird jedoch von Helen zum vernünftigen Handeln ermahnt, ansonsten er als Fussgänger die Kalahari verlassen müsse…

Wir sind überglücklich und richtig stolz, am selben Tag in der riesigen Kalahari einen Gepard und zwei Löwen getroffen zu haben.

19. April 2008

Um halb vier Uhr in der Früh stehen wir auf und machen uns wenige Minuten später auf die „Jagd“ zum Wasserloch. Wir wollen einmal sehen, welche Tiere sich beim Sonnenaufgang beim Wasserloch befinden. Auf der Fahrt dorthin begegnen wir Hasen, einer Eule, Erdwölfen – und einem in der Ferne spazierenden Geparden. Beim Wasserloch suchen wir uns den Platz mit der besten Übersicht, schalten Motor und alle Lichter aus, nehmen Feldstecher zur Hand, und warten. Als sich doch tatsächlich nach gut eineinhalb Stunden noch kein einziges Tier zum Wasserloch begeben hat, geben wir unseren Beobachtungsposten auf. Wir glauben, dass das Wasser dieses schmutzigen Wasserlochs den Tieren wohl nicht bekommt – dies jedenfalls unsere Theorie, weshalb kein einziges Tier erschienen ist. Das frühe Aufstehen hat sich definitiv nicht gelohnt.

Auf der Weiterfahrt begegnen wir zwei Löwendamen. Während sich die eine um den Nachwuchs kümmert (drei junge Löwenkinder balgen sich), macht sich die andere auf die Jagd. Wir erleben hautnah mit, wie sie sich an ihre Beute anschleicht – und viel zu langsam rennt, als dass sie erfolgreich sein könnte. Trotzdem gibt sie nicht auf und versucht mehrmals, eine Gelbfussmoorantilope zu reissen. Irgendwie scheint die Löwin heute nicht so fit zu sein. Wir stellen den Motor ab und hoffen auf eine weitere Beutejagd, aber stattdessen legt sie sich ins Gras und beobachtet uns und den Santi. Irgendwie scheint sie uns mit ihrem Morgenessen zu verwechseln. Langsam schleicht sie sich an uns heran, bis wir uns entschliessen, den Motor zu starten und einige Meter zu fahren. Nachdem sich dieser Vorgang mehrmals wiederholt hat, fahren wir weiter.

Entgegen den Angaben von Reiseführern erweisen sich die Deception Pan und das Deception Valley als nicht sonderlich wildreich. Wir fahren deshalb direkt bis zur Sunday Pan weiter und gönnen uns auf dem Campingplatz eine erfrischende Dusche. Dass der Duschkübel flaschenweise aufgefüllt werden musste, sei hier nur am Rande erwähnt…

20. April 2008

Um vier Uhr wird Helen von Markus geweckt. Sie wird von ihm genötigt, ein weiteres Mal auf „Nachtpirsch“ zu gehen. Die Fahrt um den Leopard Pan verläuft ereignislos, und nur den Spuren im Sand können wir entnehmen, dass vor kurzem mitten auf dem Weg ein Löwe eine Antilope gerissen hat.

Langsam aber sicher verlassen wir das Central Kalahari Game Reserve. Uns hat es in der menschenleeren und unberührten Kalahari sehr gefallen. Die Kalahari ist der Inbegriff grenzenloser Weite und Freiheit und hat uns mti ihrer eigentümlichen und spröden Schönheit fasziniert.

Beim Ausgangsgate in Matswere bezahlen wirdie Gebühr, füllen sämtliche Wassertanks auf, und fahren der Ostgrenze des Game Reserves entlang in nördlicher Richtung nach Makalamabedi. Die Piste erweist sich gegenüber den anderen Pisten der letzten Woche als in einem guten Zustand.

Bei einer kurzen Rast stellen wir fest, dass der Reserveradträger gebrochen ist und sowohl Hecktüre als auch Hecktraverse leicht verbogen sind. Am liebsten hätten wir die russische Mafia auf B5 Group (Hersteller des Reserveradträgers) angesetzt, aber leider sitzen wir auf einer menschenleeren Piste, und Telefonverbindungen gibt es keine. Wir schrauben die traurigen Überreste des Reserveradträgers ab und überlegen uns, was zu tun ist.

Eine Stunde später ertönt aus der Ferne das Dröhnen eines Motors. Glücklicherweise bewegt sich dieser Wagen in unserer Richtung und hält bald darauf bei uns an. Aus diesem steigt eine ältere Dame namens Mary, welche uns das Angebot macht, das Reserverad bis nach Maun mitzunehmen. Langsam tuckern wir hinter ihrem Wagen bis nach Maun. Dort angekommen führt sie uns zu John, der sich sogleich an die Konstruktion eines neuen Reserveradträgers macht. Wir vereinbaren, uns morgen um 9 Uhr bei ihm mit Mary zu treffen.

Leider erweist sich die Wahl des heutigen Schlafplatzes als wenig glücklich: Wir verbringen die Nacht in der Maun Lodge ziemlich genau zwischen Bar und Disco, und fühlen uns bis weit in den Morgen hinein wie ein DJ.

21. bis 23. April 2008

Obwohl heute Sonntag ist, werkelt John den ganzen Tag an der neuen Reserveradhalterung, während wir nach einer besseren Übernachtungsmöglichkeit Ausschau halten. Am Westufer des Thamalakane Rivers werden wir 12 km nordöstlich von Maun in der Island Safari Lodge in Matlapaneng fündig. Es handelt sich dabei um eine Anlage mit strohgedeckten Chalets und einem grossen, schattigen Campingplatz. Die nächsten Tage verbringen wir hier mit Autoaufräumen, Essen kaufen, Wäsche waschen, Reiseroute besprechen und unzähligen Besuchen bei John. Da bei der Konstruktion des Reserveradträgers immer wieder neue Fragen auftauchen, sind wir froh, dass Mary einen handwerklich begabten Arbeitskollegen mitbringt, welcher die letzten wichtigen Fragen zu klären hilft. Als der Reserveradträger dann nach drei Tagen endlich fertig ist, können wir nur noch hoffen, dass er uns länger als der gebrochene Reserveradträger begleiten wird. Lassen wir uns mal überraschen…

24. bis 27. April 2008

Unser nächster Besuch gilt dem knapp 5'000 km2 grossen Moremi Nationalpark. Er liegt im Nordosten des Okavangodeltas. Es soll sich dabei um einen der landschaftlich abwechslungsreichsten Schutzgebiete Afrikas handeln. Laubbäume, Grassteppen, Wasserlöcher, Schilf und papyrusbewachsene Flussläufe und Kanäle sollen die Landschaft prägen. Nach der Regenzeit sind viele Wege überschwemmt und unpassierbar. Zudem können dem Besucher die TseTse-Fliegen zu schaffen machen. In der grösseren Umgebung der Campingplätze und Lodges wurden aus diesem Grunde zahlreiche Fallen aufgestellt. Damit soll der Park einerseits für die Besucher unproblematischer zu bereisen sein und andererseits soll im übrigen Okavangodelta die Natur möglichst unangetastet bleiben. Wir sind gespannt, wie uns dieser Park nach der doch so ruhigen und harmonischen Kalahari gefallen wird.

Typische TseTse-Fliegenfalle im Moremi Nationalpark

 

Der Park präsentiert sich uns dicht bewaldet, mit vielen Sträuchern und Büschen. Zahlreiche kleine und zum Teil verschlammte Wasserlöcher sind im Buschland verstreut. Bei diesem Anblick fragen wir uns, wie in aller Welt man hier Tiere beobachten kann. Irgendwie sehnen wir und nach der Kalahari und den guten Tierbeobachtungsmöglichkeiten zurück. Nach drei Stunden ergebnisloser Fahrt und beinahe verlorener Hoffnung überquert doch tatsächlich ein riesiger Elefant unseren Weg. Sofort schnappen wir unsere Kameras und lassen sie nicht mehr los, da wir ab diesem Zeitpunkt immer wieder von diversen Tierarten überrascht werden. In den nächsten zwei Tagen fahren wir lange vor Sonnenaufgang los und durchfahren jede kleinste Ecke des Parkes. Wir machen Bekanntschaft mit Elefanten, Nilpferden, Löwen, Zebras, Giraffen, Warzenschweinen, Affen, Kudus, diversen Antilopenarten, Greifvögeln und anderen Vogelarten. Besonders gelohnt hat sich das einstündige Warten unter einem Baum: Solange brauchte nämlich ein Leopard, um von der Baumkrone auf die Erde herunterzuklettern.


 

Interessant sind auch die steinzeitlich anmutenden Brücken. Äusserlich machen sie keinen zuverlässigen Eindruck, halten aber beim Überqueren dem Gewicht des vollbepackten Santis stand. Als Abwechslung gönnen wir uns an einem Vormittag eine Fahrt mit einem kleinen Boot auf der Xakanaka-Lagoon, in welche viele Flüsse wie der Okavango, die Seronga und andere fliessen. Wir geniessen die langsame Fahrt, den Blick auf das klare Wasser und die uns umgebende Stille. Der Fahrer erklärt uns, dass wir aufgrund des zu hohen Grases mit grösster Wahrscheinlichkeit auf kein Nilpferd oder Krokodil stossen werden. Dafür zeigt er uns verschiedene Wasservögel, erklärt uns den Verwendungszweck der weissen Wasserlilien und erspäht mit geübtem Auge selbst in grösster Weite sich befindende Tiere.

 

Nach diesen eindrücklichen Tagen machen wir uns auf den Weg in Richtung Kasane. Dabei wählen wir den Weg quer durch den Chobe Nationalpark. Unterwegs erspähen wir in einem kleinen See eine Gruppe von Nilpferden. Einige davon sind sogar auf dem Land am Grasen. Um die Tiere besser beobachten zu können, steigen wir aufs Autodach und picknicken dort oben. Die Tiere scheint's nicht sonderlich zu stören - erst als wir zu singen beginnen, tauchen sie langsam unter.

Kurz nach der Parkgrenze hört der dichte Wald plötzlich auf und macht einer riesigen Ebene Platz. Gemäss unserem Kartenmaterial ist die Strecke ab der Parkgrenze bis zum nächsten Campingplatz zwischen 70 und 120 km lang. Wir entscheiden uns deshalb zum "wilden campieren", was jedoch einem Wildhüter, der zufälligerweise direkt neben uns vorbeifährt, gar nicht gefällt. Weder hat er Freude an unserem frischen Kartoffelstock, noch findet er die Bemerkung von Helen, dass die Löwen heute vielleicht ebenfalls Lust auf Kartoffelstock haben, lustig. Im Gegenteil, er meint, wir seien an einem sehr gefährlichen Ort mit vielen Löwen, und zudem würden sich oft Phytonschlangen unter dem Auto verstecken... Da unsere Argumente auf kein offenes Ohr stossen und weitere Diskussionen aussichtslos sind, geben wir nach und fahren bis nach Einbruch der Dunkelheit zum Campingplatz in Savuti, wo wir unser Nachtlager in der hintersten Ecke aufschlagen. Interessanterweise stört es den Wildhüter nicht, dass wir in der Dunkelheit fahren, obwohl es eigentlich strikt verboten ist, in einem Nationalpark nach 18:30 Uhr zu fahren. Zum Glück fahren wir in der Dunkelheit nur sehr langsam und konzentriert. So bemerken wir einen Elefanten, der sich direkt rechts neben der Piste aufhält. Nett, wie wir sind, beachten wir die Strassenverkehrsregeln und gewähren ihm den Vortritt. Ob es Rechtsvortritt war oder das Recht des Stärkeren, sei dahingestellt....

28. bis 30. April 2008

Die heutige "Safari" in der laut Reiseführer extrem tierreichen Savutiregion verläuft enttäuschend. Statt der zehntausenden Zebras, Gnus, Antilopen, Elefanten und Giraffen, die sich hier versammeln sollen, sehen wir nur ein paar Elefanten, Strausse, Gnus und Giraffen. Wenigstens eine grössere Ansammlung von Zebras können wir erspähen. Statt der vielen Tiere freuen wir uns ob der Natur und kehren am Nachmittag etwas enttäuscht auf den Campingplatz zurück. Als Kompensation erlauben wir uns eine ausgiebige Dusche.

   Wo sind wir?

 

Am nächsten Tag brechen wir auf in Richtung Nogatsaa. Nach der Querung der Kalahari folgt also die Querung des Chobe. Jetzt sehen wir, weshalb fast keine Tiere in der Savuti-Region sind: Entlang der gesamten Strecke gibt es unzählige Wasserlöcher und dichten Wald mit grünen Büschen, welcher sich mit hohem Gras abwechselt. Die Tiere haben somit keine Veranlassung, sich in der Savutiregion zwischen den Touristen "herumzuschlängeln". Wir begegnen auf der Strecke von Savuti bis Nogatsaa lediglich einer humpelnden Giraffe, drei riesigen Büffeln, einigen Elefanten, Zebras, Warzenschweinen und sogar einer seltenen Schildkröte. Dafür entschädigt die Piste für die Enttäuschung in der Savutiregion: Auf sandigen Pisten fahren wir durch dichte Wälder und drei Meter hohes Gras. Ab und zu müssen wir überschwemmte Pisten umfahren und Flussbette queren. Ebenso stehen einige Querungen von Wasserpfützen an. Da die zum Teil dornigen Büsche unsere auf der Innenseite der Türen montierten Moskitonetze zerreissen könnten, bleibt uns nichts anderes übrig, als mit geschlossenen Fenstern zu fahren. Die Temperatur im Innenraum steigt denn auch auf knapp 45° C, so dass man sich ja vorstellen kann, warum unser ganzer Körper nur so von Schweiss trieft. Aber die spannende Strecke, die wunderbare und interessante Natur lässt dies vergessen.

Um 17 Uhr erreichen wir Nogatsaa und stellen fest, dass der Campingplatz nicht mehr existiert. Wir campieren deshalb an einer uns geeignet erscheinenden Stelle und werden kurz darauf von einer Herde Elefanten begrüsst, welche wenige Meter neben dem Auto vorbeispaziert und an Büschen und Bäumen knabbert. Wir überlegen uns, ob wir den Schlafplatz wechseln sollen, verwerfen dieses Vorhaben aber rasch, als wir feststellen, dass es sich ein Löwe zur Aufgabe gemacht hat, uns heute Nacht zu "bewachen". Immer wieder kreist er mit lautem Gebrüll und Knurren um den Santi und hofft wohl, dass daraus sein Abendessen heraussteigen wird. Irgendwie ist uns unwohl, und wir verhalten uns mucksmäuschenstill. Helen überlegt sich jegliche Varianten, wie er uns etwas antun könnte. "Steigt er auf die Motorhaube? Springt er von der Motorhaube aufs Klappdach? Könnte er dabei die Zeltwand zerstören? Oder könnte er uns gar auffressen? Springt er vom Boden direkt ins Zelt hinein?" Markus beruhigt Helen und erklärt ihr, dass die verschiedenen Varianten etwas absurd scheinen und Helen sich eher um ihren Schlaf als um den Löwen kümmern sollte.

   Zum Glück hatte der Löwe nicht Hunger...

 

Die Weiterfahrt zur Chobe Riverfront verläuft vom dauernden Geholper abgesehen relativ ruhig. Die sich auf dem Weg sonnende Puffotter hat auch einen ruhigen Tag erwischt; sie lässt sich von uns nämlich nicht stören und zieht erst nach einiger Zeit weiter. An der Riverfront dann stossen wir auf einen Waran, eine weitere Schlange, Warzenschweine, Antilopen, unzählige Elefanten und Nilpferde und erspähen sogar die ersten Krokodile in freier Wildbahn. Zum Teil sind die Krokodile noch ganz klein, zum Teil handelt es sich aber auch um grosse Tiere. Als Abschluss können wir eine Elefantenfamilie beim Baden beobachten. Die Jungtiere freuen sich offenbar riesig auf das Bad, denn sie rennen vergnügt voraus.



1. Mai 2008

In Kasane füllen wir Diesel- und Wassertanks auf und versorgen uns mit Esswaren. Als Übernachtungsplatz wählen wir uns einen Platz mitten auf einer breiten, unbefahrenen Piste direkt an der Grenze zum Chobe aus. Am Abend und am Morgen schlendert eine Elefantenfamilie ganz nah an uns vorbei. Ein junger Elefant ist sehr neugierig und nähert sich uns bis auf zwei Meter, was uns einerseits freut, andererseits aber auch ein etwas ungutes Gefühl hinterlässt - was würde passieren, wenn die Eltern die Situation plötzlich als gefährtlich einstufen würden? Aber was soll's, denn es heisst ja nicht umsonst: No risk, no fun!

 

Nachdem wir diese wunderschönen Bilder gemacht haben, möchte Helen am Abend neue Massstäbe setzen, indem sie das Klappdach ganz allein nur mit dem Kopf anheben und aufstellen möchte. Diese Absicht begründet sie damit, dass Markus gerade Flaschen mit gefiltertem Wasser füllte, und sie ihn nicht stören wollte. Nun - gesagt, getan. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Klappdach mit einem Reifen, Felgen, Dachträger, Kiste, und gefüllter "Waschmaschine" mindestens 110 kg wiegt. Beim Anheben verzichtet sie nicht nur auf die Mithilfe von Markus, sondern lässt auch ihre Hände im Schoss ruhen. Der Kopf allein soll's richten - schliesslich ist ein "Juristenkopf" das Arbeiten gewöhnt! Leider hat sie ausser acht gelassen, dass das juristische Arbeiten nicht mit körperlicher Schwerarbeit zu vergleichen ist, und Helens Kopf machte "krrrrrrrkkk!"

Markus nötigt Helen daraufhin, ihren Schädel im nahegelegenen Spital röntgen zu lassen - man weiss ja nie. Wenn Helens Kopfarbeit einen Haarnadelriss in der Schädeldecke mit sich gezogen hat, besteht ein evidentes Risiko eines Blutgerinnsels unterhalb der Schädeldecke, was tragische Folgen nach sich ziehen kann. Da die nächste ernst zu nehmende medizinische Versorgungsmöglichkeit mindestens sechs Stunden Autofahrt entfernt ist, ist rasches Handeln angesagt. Im Spital von Kasane wird deshalb nach der Konsultation des kompetenten Notfallarztes um 22 Uhr der Röntgenspezialist aus dem Schlaf gerissen. Er erscheint in Unterhosen, T-Shirt und Schlarpen und bedient den Röntgenapparat zwar pfeifend und murmelnd, aber fachgerecht. Zum Glück ergeben die Röntgenbilder, dass Helens Schädel - von starken Kopfschmerzen abgesehen - keinen Schaden genommen hat.

2. Mai 2008

Nach einer sehr kurzen Nacht gönnen wir uns ein ausgiebiges Frühstück. Beim langsamen Zusammenräumen erscheint plötzlich ein riesiger Elefant - nota bene der grösste Elefant, den wir bisher gesehen haben. Wir lassen sofort alles stehen und verstecken uns im bzw. neben dem Santi. Der Elefant nähert sich uns bis auf rund zwei Meter und bleibt dann unschlüssig stehen. Zum losfahren ist es zu spät - es bleibt nur das Prinzip der Hoffnung. Wir zittern beide und versuchen, uns ganz ruhig zu verhalten. Nach ein paar Minuten wendet sich der Elefant ab und verschwindet langsam im Wald. Wir hatten Glück, dass er weder unseren Stühlen und dem Tisch noch dem Auto Schaden zufügte. So schnell, wie wir jetzt die restliche Ausrüstung, Kühlbox und Kisten ins Auto packen und losfahren, waren wir noch nie.

Wir beabsichtigen, heute die Grenze zu Zimbabwe zu passieren. Die Ausreise aus Botswana in Kazungula verläuft unproblematisch und sehr schnell. Bei der Einreise nach Zimbabwe...

 

vorheriges Land: Südafrika                    Zurück zur Tagebuch-Übersicht                    nächstes Land: Zimbabwe