Kenia
"Tausend mal gescheitert aber niemals die Hoffnung aufgegeben." (Sprichwort aus Kenia) |
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Tagebuch
1. September 2008
...wir treffen in Kenia ein. Das Einreiseprozedere verläuft überraschend schnell und unproblematisch. Die Grenzbeamten sind allesamt sehr freundlich, korrekt und auf eine rasche Erledigung der Formalitäten bedacht. Nach Entrichtung der Treibstoffabgabe von USD 40 können wir in Richtung Nairobi aufbrechen. Der "Zwischenhalt" an der Grenze dauerte auf kenianischer Seite lediglich 25 Minuten - also alles andere als "typisch afrikanisch".
Die Strasse nach Nairobi ist in grundsätzlich in relativ gutem Zustand, und wir kommen rasch voran - jedenfalls bis zu einer Umleitung. Hier wird die Strasse auf rund 40 Kilometern erneuert, und der Verkehr über eine Erdpiste umgeleitet. Kurz nach Ende der Umleitung biegen wir in Athi River auf eine sehr schlechte, von grossen und tiefen Schlaglöchern übersäte Teerstrasse ein, die sich erst kurz vor dem Stadtrand von Nairobi in eine gute Teerstrasse umwandelt. Wobei die Definition des Stadtrandes schwierig ist. Es ist nicht klar, wo die Millionenstadt beginnt, denn wir fahren bereits seit zwei Stunden durch Gebiete, die durchaus Industrie- oder Slumgebiete von Nairobi sein könnten.
Wir beabsichtigen, den Campingplatz Jungle Junction aufzusuchen, der sich mitten in Nairobi befindet. Eigentlich würden wir gerne etwas ausserhalb der Stadt übernachten, aber leider haben wir keinen Reiseführer für Kenia gekauft, da wir dieses Land nur als Transitland zwischen Uganda und Äthiopien benutzen wollten. Doch aufgrund unserer Planänderung werden wir ganz Kenia von Süden nach Norden durchqueren, und bereuen es jetzt zutiefst, keinen Reiseführer für dieses Land gekauft zu haben. Wenigstens haben wir die GPS-Koordinaten vom Campingplatz in Nairobi, und nach rund drei Stunden im Stau fahren wir auf das Campingplatzgelände. Wobei Campingplatz zuviel gesagt ist. Eigentlich handelt es sich um nichts anderes als den nicht sehr grossen Garten eines Hauses, wo wir den Santi neben fünf weiteren Autos abstellen können. Auch die sanitären Anlagen spotten jeder Beschreibung: Ein Raum für WC und Dusche, ohne jede Abtrennung, und eine Türe mit oben und unten je einem 10 cm bis 20 cm grossem Türspalt, und eine "Campingwiese", die von den Hunden des Betreibers als WC genutzt wird - nicht gerade das, was man sich als Campingplatz vorstellt. In der Garage des Hauses ist eine Auto- und Motorradwerkstatt untergebracht. Obwohl die zwei angestellten Mechaniker oft nicht viel mehr tun als herumlungern ist es nicht möglich, den geplanten Ölwechsel beim Santi vorzunehmen. Uns dünkt es schade, dass sich der Betreiber nicht etwas freundlicher gibt, aber offenbar hat er genügend Gäste und kann sich deshalb ein solches Verhalten leisten.
2. September 2008
Äthiopien gehört zu den Ländern, bei denen an der Grenze keine Visa für Schweizer ausgestellt werden. Wir müssen deshalb in Nairobi bei der äthiopischen Botschaft um Erteilung unserer Visa nachsuchen. Nach unserer gestrigen Erfahrung mit dem nairobischen Stadtverkehr entscheiden wir uns für ein Taxi. Kurz nach neun Uhr treffen wir in der äthiopischen Botschaft ein und erfahren, dass wir unsere Visa in nur zwei Stunden wieder abholen können. Die Wartezeit vertreiben wir uns mit einem Spaziergang in einem nicht weit entfernten Stadtpark. Im künstlich angelegten Teich könnte man sogar Pedalos mieten, aber da die Wasserqualität eher an ein Jaucheloch denn an Wasser erinnert, verzichten wir auf dieses Erlebnis.
Zurück auf dem Campingplatz plaudern wir etwas mit Andreas und Cornelia Schums, die wir bereits auf dem Parkplatz des LAICO Umubano Hotel in Rwanda getroffen haben. Dieses junge Ehepaar würde gerne ihr äthiopisches Touristenvisum in ein Businessvisum umwandeln, da beide ein halbes Jahr in Mekele ein Volontariat absolvieren möchten. Leider weiss die äthiopische Bürokratie dies zu verhindern, und wir können den beiden nur die Daumen drücken, dass sie es doch noch schaffen. Wir feiern unser Wiedersehen mit einem feinen Abendessen.
3. September 2008
Im nur wenige Kilometer entfernten Yaya-Center erledigen wir unsere Einkäufe. In diesem riesigen Einkaufszentrum gibt es alles, was das Herz zu begehrt. Nebst Nahrungsmitteln kaufen wir Sicherungen, einen neuen 12V/230V-Konverter (der bisherige Konverter vermag den Laptop nicht mehr aufzuladen, und gibt auch sonst abenteuerliche Geräusche von sich...) und einen neuen Kocher. Unser MSR-Benzinkocher funktioniert nämlich nicht mehr richtig, und unglücklicherweise hat Markus bereits in Malawi darauf bestanden, die letzten Gaskartuschen unseres Gaskochers aufzubrauchen. Wir finden alles, was wir brauchen und kehren mit gefüllten Einkaufstaschen zurück. Bevor wir wieder zum Jungle Junction-Campingplatz fahren gönnen wir uns eine feine Pizza.
Nach ziemlich genau fünf Monaten weihen wir unser Sonnensegel ein. Allerdings nicht der ursprünglich angedachten Funktion als Schattenspender entsprechend, sondern als Regenschutz. Es regnet in Nairobi jeden Tag unsere Aufenthaltes, und ohne unser wasserdichtes Sonnensegel würden wir total durchnässt. Zeitweise regnet es so stark, dass wir sogar unter dem Sonnensegel leicht nass werden. Nicht etwa, weil das Sonnensegel nicht wasserdicht wäre - nein, die grossen Wassertropfen prasseln derart schnell auf den Rasen und die sich rasch bildenden Wasserlachen nieder, dass sie von dort wieder aufspringen und uns als "Querschläger" benetzen.
4. September 2008
Wir verlassen den Campingplatz nicht ohne Erleichterung und lassen den Moloch Nairobi nach ein paar Stunden Stadtverkehr hinter uns. Erstaunlich gut finden wir die Strasse in Richtung Thika und fahren direkt auf den Mount Kenya zu. Dieser Berg kann östlich und westlich umfahren werden. Die Westroute führt über eine Hochebene, während die östliche Route durch ein hügeliges und fruchtbares Gebiet führt. Für uns ist es keine Frage, welche Seite wir wählen sollen, und schon kurz hinter Thiba führt uns die kurvige Strasse mitten durch Reisfelder, Bananen-, Tee- und Kaffeeplantagen östlich des sich in dicken Wolken verhüllenden Mount Kenya entlang. Der Landschaftswechsel ist beeindruckend: Von Nairobi bis zur Abzweigung nach Embu fährt man nach Verlassen des städtischen Einzugsgebietes von Nairobi über leicht gewellte, mit Gras und wenig Wald bewachsene Hügel, die bald einmal von einer wenig fruchtbaren Ebene abgelöst werden. Kaum hat man sich jedoch für die östliche Umfahrung des Mount Kenya entschieden, ändert sich die Landschaft, und man befindet sich mitten in einem der wohl fruchtbarsten Gebiete ganz Kenias.
Der einzige Nachteil dieser Strecke ist die Strecke selbst. Die meisten Touristen meiden die zeitzehrende, kurvige und hügelige östliche Strasse und umfahren den Mount Kenya auf der westlichen Seite. Entsprechend finden wir nur mit Mühe eine Möglichkeit zum Campieren. In der rund drei Kilometer von der Strasse entfernten Thuchi Lodge finden wir eine wunderschön gelegene und recht gut unterhaltene Hotel- und Lodgeanlage, wo man uns erlaubt, auf einer grossen Wiese zu Campieren.
5. bis 6. September 2008
Auf dem Campingplatz Jungle Junction mitten in Nairobi hatten wir in keiner Nacht Ruhe, da er sich direkt neben einer Strasse befindet und der Autolärm selbst in der Nacht höchstens während dreier Stunden sich in einigermassen erträglichem Rahmen hält. Wir geniessen deshalb die Ruhe an diesem Ort und beschliessen, etwas hier zu verweilen. Zu Fuss erkunden wir die Gegend, relaxen und besprechen die Weiterfahrt durch Kenia.
7. September 2008
Unser heutiges Etappenziel heisst Archer's Post. Bis wir dort eintreffen, vergehen jedoch mehrere Stunden. Zum einen plaudern wir etwas mit einem einheimischen Bauern, den wir auf einem Spaziergang unterwegs antreffen, und zum anderen erweist sich ab Isiolo die gemäss Karte gute Teerstrasse als hammerharte Piste. Doch bevor es soweit ist, gibt es kurz vor Meru die "Äquatortaufe", und schon bald ändert sich die fruchtbare Region in eine trockene Landschaft.
Wenige Kilometer vor Archer's Post kochen wir unser Mittagessen und machen wenig erfreuliche Bekanntschaften mit einheimischen Kindern. Auf unserer bisherigen Reise wurden wir immer wieder mit bettelnden Kindern konfrontiert, aber noch nie mit Kindern, die derart frech und aufdringlich die diversesten Sachen zu erbetteln versuchen. Wir würden die Bettelei verstehen, wenn sie Hunger leiden würden, aber sie sind allesamt mindestens so gut genährt wie wir. Von einem zufälligerweise vorbei spazierenden einheimischen Mann erfahren wir, weshalb die Kinder unter anderem nach Pudding und Präservativen betteln: Von den hier stationierten und sich auf ihren Irak-Einatz vorbereitenden britischen Militärangehörigen erhalten die Kinder praktisch alles, wonach sie betteln. Ob es sinnvoll wäre, wenn diese britischen Militärangehörigen ihre Einstellung vor ihrem Irak-Einsatz kurz überdenken würden, mag jeder selbst entscheiden - hilfreich für Nachfolgende ist deren "Spendierlaune" jedenfalls kaum.
Als Übernachtungsort wählen wir den etwas ausserhalb der kleinen, von zwei Nationalparks eingeschlossenen Ortschaft Archer's Post am Ufer des Ewaso Ng'iro gelegenen Campingplatz aus. Es handelt sich dabei um den einzigen nicht in einem der beiden Nationalparks gelegenen Campingplatz. Obwohl auch hier die Infrastruktur zu wünschen übrig lässt, ist das Preis-Leistungs-Verhältnis deutlich besser als in Nairobi. So kostet zum Beispiel ein gekühltes Getränk auf dem Campingplatz in Nairobi mindestens viermal mehr als hier. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass wir in der Thuchi Lodge achtmal weniger für ein Getränk zahlten als in Nairobi...
8. bis 9. September 2008
Wir spazieren durch die Halbwüste und stossen dabei auf die Grenzen der Markus'schen Orientierungsfähigkeit. Sein Plan, ein paar einheimische Dörfer zu umrunden und anschliessend dem Flussufer entlang zurück zu spazieren, wäre sicher nicht schlecht gewesen, aber wenn man bei der Rückkehr ohne es zu merken rund 200 Meter neben dem Campingplatz vorbeimarschiert, nützt der beste Plan nichts! Nach einer rund zwei Kilometer langen Ehrenrunde treffen wir müde von der Sonne beim Campingplatz ein und wissen, dass wir das nächste Mal besser aufpassen müssen. Seit wir die Thuchi Lodge verlassen haben, ist die Sonne unsere ständige Begleiterin. Am Nachmittag wird es bis zu 47 ° C warm - im Schatten, wohlgemerkt! Auch in der Nacht kühlt es nur langsam ab, und wir können uns kaum vorstellen, dass dies gemäss Campingplatzbetreiber die "kalte" Jahreszeit sein soll.
Nicht schlecht staunen wir, wie plötzlich das Ehepaar Schums auf dem Campingplatz eintrifft - offenbar verfolgen uns die beiden! Mit ihrem Äthiopienvisum scheint es nun doch noch zu klappen, und sie verbringen die Wartezeit mit einem Besuch des benachbarten Nationalparks.
Leider gibt der in Nairobi gekaufte Benzinkocher bereits beim zweiten Einsatz seinen Geist auf. Wie wir herausfinden, ist die eingebaute Dichtung nicht treibstofffest. Auch unser MSR-Benzinkocher hat ein Dichtungsproblem: Eine Dichtung hat sich in Einzelteile aufgelöst. Immerhin kann Markus, während Helen Holz hackt und auf dem Feuer feine Spaghetti kocht, die Kompressorhupe reparieren.
10. September 2008
Kurz nach fünf Uhr morgens brechen wir auf in Richtung Norden. Leider kommen wir nicht weit, denn nach 32 Kilometern bleibt unser Santi einfach so stehen. Wie sich herausstellt, haben wir das Elementarste des Autofahrens vergessen: Das Tanken. Besser gesagt: Markus war der Ansicht, der Dieselvorrat reiche locker bis zur Grenze, hat dabei aber nicht berücksichtigt, dass die Treibstoffvorratsanzeige nicht mehr richtig funktioniert. Seit rund einer Woche zeigt die Anzeige immer einen vollen Tank an, und sogar jetzt, wo nicht einmal mehr ein Tropfen Diesel im Tank ist, haben wir gemäss Anzeige einen vollen Tank. Also pumpen wir Treibstoff vom Zusatz- in den Haupttank um und fahren zurück bis nach Isiolo. Gemäss Strassenkarte könnte man bereits im nahe gelegenen Archer's Post tanken, aber die dortige Tankstelle erweist sich als wenig Vertrauen erweckend - es sei denn, man füllt seinen Tank gerne mit Diesel aus dreckigen, verbeulten und mindestens schon hundert Mal gebrauchten Plastikkanistern. In Isiolo decken wir uns mit Wasser, Esswaren und Diesel ein und kehren kurz vor dem Eindunkeln auf den Campingplatz in Archer's Post zurück.
11. September 2008
Heute unternehmen wir den zweiten Anlauf, um weiter in Richtung Norden voranzukommen. Um möglichst nicht aufzufallen, fahren wir trotz der Dunkelheit nur mit normalem Licht. Die Strecke von Archer's Post bis zur äthiopischen Grenze gilt nämlich als überfallgefährdet. Bewaffnete, grenzüberschreitende Banditen haben in der Vergangenheit mehrfach Reisende überfallen und ausgeraubt. Es gilt deshalb, die Strecke möglichst rasch zurückzulegen. Das Problem dabei ist die Beschaffenheit der Strecke. Aus Berichten anderer Reisenden haben wir erfahren, dass sie oftmals Reifenpannen, aber auch Achs- und sogar Chassisbrüche zu verzeichnen hatten. Dies nur, weil die Strecke derart schlecht sei. Es soll sich laut mehreren Berichten um die übelste Strecke ganz Afrikas handeln. Wir sind gespannt, wie schlecht die Piste tatsächlich ist, und fahren langsam in Richtung Marsabit, dem einzig sinnvollen Zwischenhalt auf der knapp 500 km langen Strecke.
Die Strecke bis Marsabit befindet sich nicht in einem hervorragenden Zustand, ist aber auch nicht derart schlecht, dass man Schäden am Fahrzeug davon trägt, wenn man darüber fährt - es sei denn, man brettert in einem Affenzahn über die Piste. Wir veranschlagen acht bis zehn Stunden für die Strecke und fahren mit rund 25 bis 30 km/h. Mit dieser Geschwindigkeit kann man den Steinen, Schlaglöchern und anderen Hindernissen auf der Piste meistens gut ausweichen, und wenn ein Ausweichen nicht möglich ist, fahren wir sehr langsam und vorsichtig darüber. Wir kommen lieber langsam, dafür aber sicher ans Ziel, als schnell zu fahren und irgendwo mit einer Panne stehen zu bleiben und zum einfachen Ziel allfälliger Räuber zu werden. Zudem können wir so die zwar einsame, aber dennoch ziemlich abwechslungsreiche Landschaft mit ihrer Tierwelt besser geniessen. Nebst einer grossen Eule sehen wir unzählige Antilopen und Erdhörnchen.
Nach rund 160 Kilometern treffen wir plötzlich auf ein quer mitten auf der Strasse stehendes Motorrad. Der Motorradfahrer hat einen Helm aufgesetzt und steht unmotiviert neben dem Motorrad. Interessanterweise blieb sein Motorrad genau dort stehen, wo Steine links und rechts die Fahrbahn verengen. Uns kommt diese Situation komisch vor, und Markus steuert den Santi zentimetergenau zwischen Motorrad und Steinen hindurch, und der Motorradfahrer, der es wohl eher auf uns, unsere Ausrüstung und den Santi abgesehen hat, bleibt verdutzt stehen. Dieser Vorfall zeigt uns auf, dass die Strecke tatsächlich nicht ungefährlich ist - allerdings nicht wegen der Piste, sondern wegen Räubern.
Kurz vor Einbruch der Dämmerung treffen wir auf dem ungefähr zwei Kilometer südwestlich von Marsabit gelegenen Campingplatz ein. Dieser Campingplatz wird von einem vor über 30 Jahren nach Kenia ausgewanderten Liestaler geführt, der sich offensichtlich freut, wieder einmal ein paar Worte Schweizerdeutsch zu hören. Auf dem voll belegten Campingplatz befindet sich eine Gruppe aus Südafrika, die mit fünf Fahrzeugen Afrika durchquert. Sie sind nicht gerade angetan von der Strecke Archer's Post - äthiopische Grenze, da sie auf diesem Abschnitt mehrere Defekte (u.a. Chassisbruch) erlitten.
Mit der Dunkelheit stossen noch zwei Männer aus Addis Abeba mit ihrem Land Rover hinzu und stellen ihre Zelte mitten auf den Abfahrtsweg. Wir stellen dies rund eine halbe Stunde später fest und weisen sie darauf hin, dass wir morgen früh um halb sechs Uhr losfahren möchten. Unter lautem Lamento verschieben sie ein Zelt, so dass wir morgen früh losfahren können. Wir sind der Ansicht, dass man, wenn man direkt auf dem Abfahrtsweg sein Zelt aufschlägt, sich vorerst bei den anderen Reisenden erkundigt, ob dies für sie in Ordnung sei, aber in Äthiopien ticken die Uhren offenbar anders...
12. September 2008
Heute wollen wir die äthiopische Grenze erreichen. Mit derselben Geschwindigkeit wie gestern tuckern wir zu Beginn noch durch die dunkle Nacht, erleben, wie langsam die Sonne aufgeht und es warm und wärmer wird, und können weiterhin nicht verstehen, wie man sich auf dieser Piste derart gravierende Schäden am Fahrzeug einhandeln kann.
Die Strecke führt durch eine wüstenartige, von schwarzen Steinen übersäte Region, die stark an die algerische Wüste erinnert. Diese Wüste wird bald von einer Halbwüste abgelöst, in der viele Kamelkarawanen und Ziegenhirten unterwegs sind. Für uns ist es unvorstellbar, wie man in dieser ungastlichen Gegend leben kann, aber kaum halten wir für ein paar Fotos an, nähert sich von irgendwoher jemand. Obwohl die Landschaft menschenleer erscheint, wird sie bewohnt, und nicht selten erspähen wir etwas abseits der Piste kleine Siedlungen.
Die Bewohner dieser Siedlungen sind ursprüngliche Massai. Insbesondere die Frauen tragen sehr farbige Kleider und einen Kopfschmuck. Da wir uns weiterhin etwas vor Räubern fürchten und möglichst nicht auffallen möchten, verzichten wir schweren Herzens darauf, diese Menschen zu fotografieren. Wie wir an einer Strassensperre anhalten müssen, werden wir sofort von einer Menschentraube umringt, und alle wollen uns etwas verkaufen. Sie können oder wollen es nicht verstehen, dass wir nicht allen etwas abkaufen. Noch nie auf unserer Reise haben wir derart aggressive Menschen erlebt und wir sind froh, dass wir weiterfahren können. Auf keinen Fall wollen wir heute wild übernachten - ein Besuch dieser Leute stünde einem Gelingen unserer Afrikaquerung ziemlich sicher arg im Wege!
Von Turbi bis nach Moyale zeigt eine hohe Polizei- und Militärpräsenz, dass die Strecke tatsächlich nicht sicher ist und es noch immer Überfälle von zum Teil grenzüberschreitend operierenden Banden gibt. Wir sind heilfroh, ohne weitere nennenswerte Zwischenfälle in Moyale einzutreffen, und nach einem nur gut viertelstündigen Grenzaufenthalt aus Kenia auszureisen.
Auch wenn Kenia ein Touristenziel par excellance ist, vermag uns dieses Land nicht in seinen Bann zu ziehen. Tiere haben wir auf unserer bisherigen Reise genug gesehen, und auch landschaftlich wurden wir bereits stark verwöhnt. Zudem machen für uns die Kenianer den unfreundlichsten und aggressivsten Eindruck. Noch in keinem Land hatten wir das Gefühl, derart unwillkommen zu sein. Während uns in allen bisherigen Ländern die Menschen am Strassenrand zurückwinkten, so wurde in Kenia unser Winken bestenfalls meistens nur mit einer abschätzigen Handbewegung beantwortet. Nicht selten wurde uns sogar sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass wir hier nicht erwünscht sind. Diese Erfahrungen untermauern unseren Entscheid, Kenia rasch zu queren.
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