Reisen mit Hund
"Eine Afrikaquerung mit Hund? Nie!" So oder ähnlich hätte unsere Antwort bei unserer Abreise auf eine entsprechende Frage gelautet. Knapp fünf Monate später verstärkten wir unser Team mit Sky und machten betreffend "Reisen mit Hund" positive wie auch negative Erfahrungen. Wer auf eine längere Reise geht, reist üblicherweise von Beginn weg entweder mit Hund oder ohne Hund. Unterwegs einen Hund mit an Bord zu nehmen bringt viele Risiken mit sich, vor allem dann, wenn es sich nicht um einen Welpen handelt. Sky war achteinhalb Jahre alt, als sie zu uns kam. Wir verbrachten in Südafrika gerade mal eine knappe Woche mit ihr und wussten nicht, wie sie in den verschiedenen Situationen reagieren wird. Fahrstühle, Züge, Trams, Busse, Taxis, Strassenlärm, Lkws - all dies kannte sie nicht. Wir hatten unglaubliches Glück, dass Sky derart lernfähig und -begierig ist und uns blind vertraute - es hätte auch völlig anders kommen können. Wir bereuten es bislang keine Sekunde, das nicht unerhebliche Risiko eingegangen zu sein.
Unsere nachstehenden Ausführungen betreffen sinnigerweise den zweiten Teil unserer Afrikaquerung (Dar es Salaam bis zurück in die Schweiz). In Afrika sind Hunde als Haustiere weitgehend unbekannt. Wenn jemand Hunde hält, dann einzig zum Zweck der Bewachung vom Eigenheim. Diese Hunde sind meistens äusserst aggressiv. Dasselbe gilt für den arabischen und arabisch geprägten Raum (Sudan, Ägypten, Jordanien, Syrien und Türkei). Zwar trafen wir in all diesen Ländern (sogar im ausgesprochen islamisch gefärbten Sudan) Menschen, die Hunde gern mochten und Sky sogar streichelten, aber diese Begegnungen blieben klar die Ausnahme.
Impfungen
Die wichtigste aller Impfungen ist die Tollwutimpfung (rabies). Nach der vorgenommenen Impfung muss ein Antikörpernachweis (rabies serum neutralising antibody test report) erbracht werden, und - falls nicht (mehr) genügend Antikörper vorhanden sind - vor Antritt der Reise nachgeimpft werden. Es kann ohne weiteres sein, dass dem Hund ohne Tollwutimpfung bzw. ohne Antikörpernachweis die Einreise in ein Land verweigert wird. Die weiteren für eine Reise erforderlichen Impfungen sind jene, die auch in Europa üblich sind, nämlich Hundestaupe (canine distemper), Parvovirose (parvovirus), Hepatitis (hepatitis), Zwingerhusten (kennel cough oder tracheobronchitis) und Leptospirose (leptospirosis). In Afrika gibt es zudem Impfstoffe, die in Europa weder gebräuchlich noch bekannt sind. Bei einem Tierarzt in Dar es Salaam konnten wir Sky gegen den lebensgefährlichen Herzwurm impfen. Der Herzwurmimpfschutz sollte drei Monate anhalten. Bei einem Bluttest nach unserer Rückkehr (rund vier Monate nach der Impfung) konnten noch ein paar wenige Antikörper nachgewiesen werden, was für einen sehr guten Impfstoff spricht.
Zolldokumente
Für Grenzübertritte notwendig sind ein international gültiger Hundepass, welcher unter anderem über die vorgenommenen Impfungen informiert (vet passport), das Microchipformular (microchipped animal registration form), der Tollwutantikörpernachweis, ein Gesundheitszertifikat (animal health certificate) sowie eine Exportbewilligung (animal health export certificate). Die Exportbewilligung sollte die Exporterlaubnis durch die geplanten Länder bis zurück in die Schweiz enthalten. All diese Dokumente werden vom Tierarzt ausgestellt und müssen anlässlich der Grenzübertritte beim jeweiligen Grenztierarzt gemeinsam mit dem Hund vorgewiesen werden. Stösst der Hund - wie bei uns - erst im Laufe der Reise zum Team, werden diese Dokumente nur vom staatlichen Tierarzt (state veterinary) ausgestellt. Der Grenztierarzt prüft die Übereinstimmung des Microchips mit dem Microchipformular und entscheidet dann, ob die vorgelegten Dokumente für die Einreise genügen, oder ob er weitere Impfungen oder Dokumente als erforderlich betrachtet. Zudem entscheidet er über eine allfällige Quarantäne. Alle Dokumente sollten in der jeweiligen Landessprache verfasst bzw. von einem beglaubigten Übersetzer in die jeweilige Landessprache übersetzt worden sein. Soviel zur Theorie.
In der Praxis sah es bei uns anders aus. Bei keinem der Grenzübertritte in Afrika interessierte sich jemand für Sky. Natürlich machten wir keinen Zollbeamten speziell auf unseren Hund aufmerksam, aber auch all jenen, die von Sky Notiz nahmen, war unser Hund egal. Einzig der Kapitän der Fähre von Al Aqabah (Jordanien) nach Nuweiba (Ägypten) verlangte ein Gesundheitszertifikat und war froh um die in Addis Abeba von einem beglaubigten Übersetzter erstellte arabische Übersetzung. An der Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien kontrollierte ein kroatischer Grenzbeamter den Chip und die Übereinstimmung der Microchipnummer mit dem Microchipformular. Die Einreise in die Schweiz gestaltete sich absolut problemlos - wir wurden schlicht und einfach durchgewunken.
Unterwegs mit Hund im Auto
Afrikanern ist das Reisen mit Hund völlig unbekannt. Sie können sich nicht vorstellen, dass man einen Hund derart gern hat und ihn auf eine Reise mitnimmt. Noch weniger nachvollziehbar ist es für sie, wenn der Hund zusammen mit den Reisenden im Fahrzeuginnern schläft. Bei uns hatte Sky zudem die gesamte Fläche des Schlafbrettes inkl. Matratze für sich - darob, dass der Hund während dem Fahren mehr Platz hat als wir schüttelten die Leute nur noch den Kopf. All dies störte weder uns noch unseren Hund. Wenn der Hund aber die oft um das Fahrzeug stehenden Personen als Bedrohung wahrnimmt und entsprechend das Fahrzeug verteidigt, kann es sehr unangenehm werden. Die Afrikaner machen sich gerne einen Spass daraus, ins Fahrzeuginnere zu glotzen und möglichst nahe neben dem Fahrzeug zu stehen und dauernd an die Karosserie oder die Fenster zu klopfen, um so den Hund zum Bellen zu veranlassen. Für den Hund bedeutet dies einen enormen Stress, und auch für uns war es sehr unangenehm.
Zudem vermag der Hund zwischen "nervenden" Personen und ihre Pflicht tuenden Polizisten, Grenzbeamten, Militärs etc. nicht zu unterscheiden. Manchmal war dies von Vorteil, weil die Kontrollen meistens abrupt beendet wurden, sobald Sky ihre Zähne fletschte und bellte. Andererseits hatten wir insbesondere an den Grenzen Bedenken, dass eine solche "Begrüssung" die Grenzbeamten zu schikanösen Kontrollen motivieren könnte. Zum Glück blieben unsere diesbezüglichen Bedenken bis zum Ende der Reise unbegründet.
Afrikanern ist nicht nur das Reisen mit Hund unbekannt, sie haben oftmals panische Angst vor Hunden. In ihrer Angst versuchen sie, den Hund zu vertreiben, was beim Hund Abwehr- oder sogar Angriffsreaktionen hervorruft. Manchmal hüpfen oder rennen sie in panischer Angst weg, was beim Hund einen Jagdtrieb auslöst. Eine Eskalation der Situation lässt sich kaum mehr vermeiden - die Angst bei den Menschen wird grösser und der Hund wird je länger je ungestümer. Es empfiehlt sich deshalb dringend, beim Spazieren darauf zu achten, den Hund an die Leine zu nehmen, sobald man Einheimische sieht. Am besten ist es, ausserhalb menschlicher Siedlungen mit dem Hund Gassi zu gehen.
Während Afrikaner eher "nur" Angst vor Hunden haben, kommt in arabischen und arabisch geprägten Ländern der Hass auf Hunde hinzu. Dieser Hundehass geht auf den Koran zurück. Gemäss dem Koran haben Hunde und Schweine den Leichnam vom Prophet Mohammed gefressen. Dies ist der Grund, weshalb den Muslimen der Verzehr von Schweinefleisch verboten ist und sie Hunde abgrundtief hassen. Der Hass ist mitunter vor allem bei Kindern so stark, dass sie Steine gegen den Hund werfen und versuchen, den Hund zu schlagen oder zu treten. Die Meinungen, wie auf solche Handlungen reagiert werden soll, gehen weit auseinander. Man kann so tun, als ob nichts passiert wäre bzw. man nichts bemerkt hätte. Oder man startet zum Schein einen Gegenangriff. Oder man reagiert mit Gewalt. Welche Reaktion die Beste ist, muss jeder anhand der konkreten Situation selbst entscheiden.
Übernachtungen
Da Hunde in Afrika als Haustiere unbekannt sind, stellen Übernachtungen in Hotels ein Problem dar. Prinzipiell war es unmöglich, den Hund mit ins Hotelzimmer zu nehmen. Die einzige (löbliche) Ausnahme war das Hotel Hilton in Addis Abeba. Erlaubt wurde hingegen gelegentlich das Übernachten auf dem Hotelparkplatz. Auf Campingplätzen sind Hunde nur selten verboten. In arabischen oder arabisch geprägten Ländern hingegen sind Hunde meistens auch auf Campingplätzen verboten. Beim Buschcamping schläft man etwas ruhiger, wenn der Hund das Fahrzeug bewacht. Zudem verzeichneten wir mit Sky weniger nächtliche Besuche - dies ein positiver Nebeneffekt der afrikanischen "Hundeangst".
Hundenahrung
Die seltenen Wachhunde werden üblicherweise mit Essensresten der Menschen gefüttert. In Europa gebräuchliches Hundefutter sucht man in den Einkaufsläden deshalb oft vergebens. Wenn man mit viel Glück dennoch irgendwo Hundefutter auftreibt, empfiehlt es sich, auf das Ablaufdatum zu achten - nicht selten steht die Hundenahrung bereits mehrere Jahre lang im Regal. Richtiges Hundefutter kaufen konnten wir einzig in Dar es Salaam (Shoprite), Addis Abeba (Bambi) und Damaskus (ein kleiner Laden im Souk Shal-Jalaa). Sky behagte dieses Futter jedoch nicht besonders, und so hatten wir oft unsere liebe Mühe, sie zum Fressen zu überreden. Zudem mussten wir mit dem wenigen Hundefutter sehr haushälterisch umgehen und es "strecken". Wir kochten Teigwaren und Reis, vermischten es mit dem Inhalt von Thunfischbüchsen und reicherten das Ganze mit etwas Hundefutter an. Auf diese Weise konnten wir sicherstellen, dass Sky jeden Tag etwas Hundefutter zu sich nahm und das Hundefutter bis zur nächsten Einkaufsgelegenheit reichte. Diese Art der Nahrung zeitigte jedoch einen Nachteil: Sky wies aufgrund dieser Nahrung bald einen unangenehmen Mundgeruch auf, der umgehend verschwand, als wir sie nach dem Einkaufen von "richtigem" Hundefutter im Fressnapf in Salzburg nur noch mit Hills-Trockefutter fütterten.
Tierärzte
Tiere werden in Afrika primär als Arbeits- und Nahrungsressourcen genutzt. Die Haustierhaltung ist nicht weit verbreitet. Entsprechend gibt es nur wenige Tierärzte. Wir hatten das Glück, nie dringend auf einen Tierarzt angewiesen zu sein. Trotzdem suchten wir in Dar es Salaam und in Addis Abeba einen Tierarzt und machten die erstaunliche Erfahrung, dass nicht wenige Tierärzte Angst vor Hunden haben. Nach einigem Suchen sind wir aber in beiden Städten auf je einen Tierarzt gestossen, die wir mit gutem Gewissen empfehlen können. Die Namen der Tierärzte haben wir vergessen, aber sobald man sich in der Nähe der Tierarztpraxis befindet, kann man sich ohne Probleme durchfragen. In Dar es Salaam befindet sich 400 m östlich der Kreuzung Bagamoyo Rd und Old Bagamoyo Rd/Kawaba Rd nicht nur eine gut ausgestattete Tierklinik, sondern auch eine der Tierklinik angeschlossene Einkaufsmöglichkeit mit Hundefutter, Pflegemitteln und Hundeaccessoires. Rund 600 m südöstlich des Bahnhofs "Tazara" (an der Kreuzung Nelson Mandela Rd und Pugu Rd/Julius K. Nyerere Rd) liegt das Ministry of Livestock Development and Fisheries of the United Republic of Tanzania. Zu diesem Ministerium gehört auch der staatliche Tierarzt. In Addis Abeba befindet sich an der Mickey Leland St ca. 200 m südlich vom Atlas Hotel ein Tierarzt mit einer verhältnismässig gut ausgestatteten "Apotheke".