Rwanda

"Den wahren Freund erkennt man, wenn man in Schwierigkeiten ist."

(Sprichwort aus Rwanda)

Datum:

12. Juli 2008 bis 2. August 2008

Strecke:

1'020 km

Diesel:

924 Francs/Liter (Kigali)

Währung:

Rwanda-Francs; 1 US-$ = 545 Rwanda-Francs

Visum:

US-$ 60; ausnahmsweise an der Grenze ausgestellt

Route:

Rusumu (Grenze zu Tansania) - Kigali - Gitarama - Rubengera - Gisenyi - Ruhengeri - Kinigi - Ruhengeri - Kigali - Ntarama - Nyamata - Kigali - Rusumu (Grenze zu Tansania)

Klima:

Temperaturen:

Sonnentage:

Regentage:

Durchzogene Tage:

Ø  13 ° C  bis Ø 25 ° C

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Fotoalbum

Tagebuch

12. Juli 2008

...den Fluss und den Wasserfall zu fotografieren. Die Einreise wäre auch unproblematisch gewesen, wenn wir einen Visumsantrag per Internet oder in einer ausländischen Botschaft ausgefüllt hätten. Was wir jedoch nicht gemacht haben. Aber zum Glück haben wir mit dem Grenzbeamten von Anfang an nur und ausschliesslich französisch gesprochen. Seine Freude über unser Französisch zeigte er damit, dass er uns ohne weitere Umstände - und insbesondere ohne Visumsanträge - das Visum in den Pass stempelte. Er machte uns danach trotzdem darauf aufmerksam, dass wir anderen Reisenden mitteilen sollen, dass die Ausstellung eines Visums an der Grenze ohne vorgängigen Visumsantrag grundsätzlich nicht möglich ist.

Nach 40 Minuten ist der ganze Papierkram erledigt, und nachdem wir die Rusuma-Falls fotografiert haben, werweissen wir, ob wir nun auf der rechten oder linken Strassenseite fahren sollen. Rwanda ist tatsächlich das erste Land unserer Afrikareise, in welchem auf der rechten Strassenseite gefahren wird!

Von der enormen Fruchtbarkeit und dem satten Grün werden wir förmlich erschlagen. Es wimmelt von riesigen Bananenplantagen und tiefgrünen Feldern. Uns beeindruckt, wie auch noch die kleinste Ecke eines jeden Hügels beackert wird. Teilweise stehen die Häuser sogar mitten in den Bananenplantagen! A propos Hügel: Rwanda wird nicht zu Unrecht als das Land der tausend Hügel genannt: Die Strasse in Richtung Kigali windet sich nämlich durch unzählige Kurven, kleine Dörfer und über viele Hügel, zum Teil sogar mitten durch Bananenplantagen.


Trotz wunderbarer Landschaft bleiben wir um halb drei Uhr plötzlich auf der Strasse stehen. Nicht etwa, dass wir keinen Diesel mehr hätten oder wir etwas kaufen wollten - sondern weil sich der Hauptkeilriemen auf Wanderschaft gemacht hat! Es ist Samstagnachmittag und somit die perfekte Zeit - schliesslich hat um diese Zeit jede Garage geöffnet... Garage? Der nächste Mechaniker ist lediglich sieben Kilometer von uns entfernt. Dies erfahren wir durch einige Einheimische, welche sich rasch um unser Auto zu scharen beginnen. Sogar der Bezirksverwalter und ein Polizist sorgen sich um uns und vertreiben gelegentlich die immer wieder sich versammelnden Menschen. Wir sind froh, denn es gilt nun, kühlen Kopf zu bewahren. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Werkzeugkiste und das Santana-Handbuch hervorzuholen und sich um den Keilriemen zu kümmern. Da wir bisher noch nichts gegessen haben, kocht Helen einen grossen Topf Spaghetti. Mit der Zeit stellt Marks fest, dass das eigentliche Problem nicht der Keilriemen, sondern der Alternator ist. Hier stösst er trotz dem Handbuch mit seinem Latein bzw. seinen Mechanikerkenntnissen ans Ende. Es gilt deshalb, den Mechaniker holen zu lassen. Die Einheimischen sind sehr hilfsbereit und organisieren sofort ein Transportmittel, um den Auto- und Motorradmechaniker zu holen. Als dieser ankommt, stellen wir gemeinsam fest, dass sich eine Unterlagsscheibe in Metallstaub aufgelöst hat und sich dadurch ein Kugellager im Alternator nicht mehr richtig dreht. Nach insgesamt rund siebeneinhalb Stunden Reparaturversuche und behelfsmässiger Reparatur ist es soweit: Der Alternator lädt die Batterie wieder! Zwar macht er immer noch Geräusche, die er nicht machen sollte, aber wenigstens können wir weiterfahren. Da es bereits zehn Uhr abends ist, lädt uns der Bezirksverwalter ein, vor seinem Büro zu übernachten. Er zeigt sich auch sonst die ganze Zeit über sehr zuvorkommend und hilft, wo er nur kann. Um halb elf Uhr in der Nacht essen wir die bereits kalten Spaghetti und klettern todmüde in unsere Schlafsäcke.

13. Juli 2008

Nach dem Aufstehen bringt uns der Bezirksverwalter Duschwasser und lädt uns ein, in der Toilette seines Büros zu duschen. Da er sogar warmes Duschwasser mitbrachte, können wir nicht nein sagen und verschwinden im Räumchen. Duschen auf rwandisch heisst folgendes: Man steht in einem runden, rund 15 cm hohen Plastikbecken mit einem Durchmesser von ca. 80 cm und schüttet sich das vorher in einer Giesskanne vorbereitete Duschwasser über den Körper. Wir sind gespannt, wie dies klappen wird... Uns beeindruckt, mit welcher Selbstverständlichkeit und welchem Stolz der Bezirksverwalter uns diesen Duschvorgang erklärt. Nach einem Abschiedsfoto mit ihm machen wir uns wieder an die Arbeit, um dem seltsamen Geräusch des Alternators nachzugehen.

Markus geht der Sache nochmals auf den Grund und lockert im Ergebnis die Spannung des Keilriemens. Danach fahren wir mit möglichst geringer Drehzahl (900 U/min im dritten Gang = 30 km/h...) nach Kigali, um den Alternator nicht unnötig zu beanspruchen. Sobald es bergab geht, wird ausgekuppelt. Langsamt tuckern wir Kigali entgegen, lassen uns aber trotz der technischen Schwierigkeiten, mit denen wir momentan zu kämpfen haben, einen typisch afrikanischen Markt nicht entgehen. Hier gibt es wohl alles zu kaufen - vorausgesetzt, man findet es.

Zum Glück erreichen wir die grossflächige rwandische Hauptstadt und quartieren uns im Kigali Serena Hotel ein. Es handelt sich hierbei gemäss unserem Reiseführer um das einzige Hotel der Stadt mit bewachtem Parkplatz. Zudem ist es so zentral gelegen, dass man das Zentrum zu Fuss rasch erreichen kann.

14. bis 18. Juli 2008

Um acht Uhr stehen wir bereits vor der Akagara-Garage im Stadtzentrum. Diese Garage kann uns gemäss dem Receptionisten unseres Hotels am besten weiterhelfen. Ein Mitarbeiter verweist uns aufgrund der Marke des Alternators (Bosch) zur Garage AZ Impex (Gikondo, Box, 77 Kigali, Tel: +250-576594. 5/7624, Email:azimpex@rwanda1.com). Dort sollen wir uns an Eleftrios Mitraros, den Chef du Garage, wenden. Er soll ein erfahrener und hervorragender Mechaniker sein. Kurz darauf stehen wir auch schon in dieser Garage und schildern Eleftrios Mitraros unser Problem mit dem Alternator. Gleich beauftragt er einen Mechaniker mit dem Ausbau des Alternators. Nach rund drei Stunden ist der Alternator ausgebaut. Kurz vor dem Mittagessen wird ein Mitarbeiter namens François losgeschickt, um in der Stadt einen baugleichen Alternator zu suchen. Mitraros erklärt uns, dass es etwas schwierig sein könnte, in Afrika und insbesondere in Rwanda einen 90-A-Alternator zu finden. Üblicherweise gibt es nur Alternatoren mit einer massiv geringeren Ampère-Zahl zu kaufen. Während alle Mechaniker in den Mittag gehen, bleiben wir dort und kochen uns mit unserem Gaskocher Reis. Nach langer Warterei erscheint kurz vor fünf Uhr François wieder und bestätigt Mitraros’ Vorahnung. Während der Wartezeit begutachtet Mitraros unser Fahrwerk und erklärt uns, dass die in Mbalizi eingebauten kenianischen Vorderradfedern aufgrund des falschen Winkels der Federaufhängung gar nicht einfedern können. Er empfiehlt uns deswegen dringend einen Wechsel der Vorderradfedern. Nach genauer Abklärung der Sicherheitslage in der Garage (es gibt dort drei Wächter!) verlassen wir schweren Herzens unseren Santi und kehren am Abend etwas geknickt in unser Hotel zurück.

Nie im Leben hätten wir jemals gedacht, die nächsten drei Tage von morgens bis abends in dieser Garage verbringen zu müssen. Wir haben das Gefühl, hier in dieser Garage einen neuen Job gefunden zu haben. Frühmorgens stehen wir in der Garage und bleiben dort, bis der letzte Mechaniker gegangen ist - schliesslich wollen wir in der Probezeit nicht durch Unpünktlichkeit auffallen...

Unser Mittagessen kochen wir neben dem Santi und sitzen den ganzen Tag neben unserem Auto. Wie ein Bauer mit seinem vollbeladenen Lieferwagen vorbeikommt und den Arbeitern diverses Gemüse und Früchte verkauft, schenkt uns Mitraros ein paar Maracujas und einen ganzen Sack voll Roseil de cape. Es ist das erste Mal, dass wir typisch rwandische Früchte probieren - wir sind überrascht, wie gut sie uns munden.

Am vierten Tag werden wir von Mitraros zu sich nach Hause zu einem exzellenten Mittagessen eingeladen. Bei dieser Gelegenheit klärt er uns über die in Rwanda wachsenden Früchte auf. Wer hätte gedacht, dass es rund zwanzig verschiede Avocadossorten gibt und was Pilipili ist? Ausserdem berichtet er uns etwas von seinen spannenden Rallye-Abenteuern (er ist ein äusserst erfolgreicher Rallyefahrer und seine unzähligen Pokale könnten ein ganzes Zimmer füllen). Wir sind froh, einmal nicht in der Garage essen zu müssen, und hoffen, dass unsere Probezeit bald vorüber ist...

Aber eigentlich bezwecken wir mit unserer dauernden Anwesenheit etwas ganz Anderes. Es geht uns darum, unseren Santi nicht irgendwelchen Mechanikern zu überlassen. Wir wollen dabei sein und kontrollieren, was wie gemacht wird. Wenn wir auf Ersatzteile warten müssen, geniessen wir etwas die Sonne, studieren das Santana-Handbuch, lesen im Reiseführer, diskutieren gelegentlich mit Mechanikern und stretchen. Unsere Anwesenheit wird zwar von den Mechanikern nicht gerade besonders geschätzt, aber wenn wir nicht die ganze Zeit in der Garage gewesen wären, hätte Markus nicht gerade noch rechtzeitig eingreifen können, als ein Mechaniker mit der Brechstange versuchte, ein noch angeschraubtes Blattfederpaket vom Chassis zu reissen. Zudem hätten wir keine Erfahrungen mit dem rwandischen Arbeitstempo machen können. Für uns war es bislang unvorstellbar, dass man einen halben Tag damit verbringen kann, eine einzige Schraube zu lösen. Wir haben das Gefühl, dass sich die Mechaniker gegenseitig mit einer grösstmöglichen Lethargie zu überbieten versuchen. Oftmals betrachten sie zu dritt oder zu viert eine Schraube und diskutieren, wie sie nun vorzugehen gedenken. Nicht etwa, dass sie dann einen Schraubenschlüssel in die Hand nehmen würden – nein, nach Abschluss der Diskussionen warten sie auf das Pausen- oder Feierabendzeichen. Nach insgesamt vier Tagen haben sie den geringfügig revidierten Alternator wieder eingebaut (durch die zu grosse Spannung des Keilriemens hat sich das Kugellager im Alternator erhitzt und sich beinahe festgesetzt), einen hinteren Stossdämpfer ausgebaut und neue Vorderradfedern montiert. Wie uns das Arbeitsergebnis präsentiert wird und wir sehen, dass der Federweg der Vorderräder gerade noch einen knappen Zentimeter beträgt, platzt uns der Kragen. Nachdem die Mechaniker in den Feierabend entlassen wurden, bringen wir unseren Ärger über die Arbeitsweise und das Arbeitstempo gegenüber Mitraros deutlich zum Ausdruck. Während Helen vor lauter Verzweiflung zu weinen beginnt, strapaziert Markus seine Stimmbänder bis zur Heiserkeit. Unsere Unzufriedenheit bewirkt ein gutes Gespräch mit Mitraros und er bittet uns, am darauf folgenden Tag erst um halb elf Uhr in der Garage zu sein. Dies deswegen, weil unsere Anwesenheit die Arbeiter blockieren und bei der Arbeit behindern soll. Ausserdem erklärt er uns, dass Kunden grundsätzlich ohnehin nie im Innenhof der Garage verweilen dürfen. Offenbar haben unsere offenen Worte etwas bewirkt, denn innerhalb eines halben Tages werden alle Stossdämpfer ersetzt (die europäischen "one-way-Stossdämpfer" werden durch afrikataugliche "double-way-Stossdämpfer" ersetzt) und die Vorderradfedern so modifiziert, dass wir wieder über ein geländegängiges Fahrzeug verfügen. Wenn die Rwander wollen, können sie sehr rasch und gut arbeiten, aber das mit dem Wollen hapert leider meistens etwas…Trotz Ärger und fünf schlaflosen Nächten haben wir sehr gute Bekanntschaften schliessen können und doch einiges über die rwandische Kultur und Landwirtschaft erfahren. Nun hoffen wir auf einen gesunden und einsatzfähigen Santi und für uns wieder etwas mehr Schlaf.

Etwas Positives gilt es unserer Arbeitsstelle in Kigali dennoch abzugewinnen: Wir haben unsere Französischkenntnisse wieder aufgefrischt und können zusätzlich sämtliche Bestandteile des Fahrwerks unseres Autos auf französisch und auf englisch benennen! Im Nachhinein können wir über unseren Garagenaufenthalt lachen und sind froh, den Santi wieder bei uns zu haben.

19. Juli 2008

Heute wollen wir eigentlich relaxen, aber leider geht dies auch nach unserer Probezeit in der Garage nicht. Warum? Ganz einfach: Am Dienstag soll es zu den Gorillas gehen, und vorher wollen wir die Homepage aktualisieren und unseren Santi testen. Deshalb planen wir einen Abstecher via Kibuye zum Lac Kivu und dann weiter nach Gisenyi. Am Abend ist die Homepage aktualisiert, die Route geplant, das Gepäck verstaut, und die Lebensmittelvorräte aufgefüllt. Nun freuen wir uns, endlich bald wieder im Santi sitzen zu können.

20. Juli 2008

Nachdem Panther sein üppiges Abendessen verdaut hat (siehe Best of Panther), machen wir uns auf den Weg in Richtung Kibuye, welches aufgrud des Klimas als "la Suisse africaine" gilt. Schon bald treffen wir in Gitarama ein und suchen den Weg nach Kibuye, den wir nach einer kleinen Irrfahrt denn auch finden. Bis jetzt haben uns die Strassenkarten vom Reise Know-how-Verlag immer gute Dienste geleistet, aber im westlichen Teil von Rwanda sind insbesondere die Distanzangaben schlicht und einfach falsch. Die Strecke von Gitarama nach Rubengera ist nämlich nicht 39 km lang, sondern gute 110 km länger. Die Strasse windet sich wie eine Passstrasse in unzähligen Kurven durch die hügelige und grüne Landschaft, und wir pendeln dauernd zwischen 1'600 m.ü.M. und 2'500 m.ü.M. Wir staunen über die üppige Fruchtbarkeit Rwandas. Auch noch das kleinste Fleckchen Erde wird bepflanzt, und auch auf einer Höhe von über 2'500 m.ü.M. profitiert die Bevölkerung vom für die Landwirtschaft idealen Klima. Noch etwas fällt uns auf: In ganz Rwanda haben wir praktisch kein sauberes Wasser gesehen. Bach- und Flussläufe sind allesamt tiefbraun.

Nach Rubengera geht es auf einer Naturpiste direkt nach Gisenyi. Gisenyi liegt auf 1'480 m Höhe am Nordende des 2'650 km2 grossen Lac Kivu, der als landschaftlich schönster See des Zentralafrikanischen Grabenbruchs gilt. Leider beträgt die Distanz zwischen den beiden Ortschaften nicht 50 km, sondern knapp 100 km. Dies führt dazu, dass wir unserer zeitlichen Planung nicht nachkommen können und erst weit nach Einbruch der Dunkelheit in Gisenyi ankommen. Zum Glück finden wir das Hotel "Lake Kivu Serena" nach einem unfreiwilligen Abstecher an die Grenze zur Demokratischen Republik Kongo bald und können uns von der heutigen Passfahrt erholen. Trotz der Nachtfahrt haben sich die Strapazen dieser Strecke gelohnt. So haben wir zum Beispiel grossflächige Plantagen des berühmten Kibuye-Tees gesehen, und auch ein selbst gezimmertes Fahrrad kreuzte unseren Weg. Wie schon in anderen Ländern stellen wir fest, wie nach Einbruch der Dunkelheit viel mehr Menschen unterwegs sind als bei Tageslicht. Insbesondere in den Dörfern sind die Strassen richtiggehend vollgestopft mit Menschen! Den Weg von Rubengera nach Gisenyi legen wir übrigens nicht ganz allein zurück. Ein Überlandbus, der sich in überaus akrobatischer Manier durch die engen Kurven und über den steinigen Weg quält, überholt uns oft, und wenn er in einer Ortschaft anhält, überholen wir ihn. Die Überholmanöver entwickeln sich zum Gaudi der Buspassagiere, und beim letzten Überholmanöver werden wir zum beliebten Fotosujet der Buspassagiere. Dass wir uns jeweils per Hupkonzert verabschieden, versteht sich wohl von selbst...

   Die Piste führt uns rund um die Hügel...                             ....zu den grünen Plantagen des...                                       .....Kibuye-Tees.

21. Juli 2008

Trotz dem Blick auf den riesigen Lac Kivu beginnt der Tag für uns nicht gerade erfreulich, denn Markus' Rücken macht sich wieder einmal mit Schmerzen bemerkbar. Irgendwie waren die Tage in der Garage zu nervenaufreibend und stressig. Beim Frühstück werweissen wir lange hin und her, ob wir den morgigen Besuch der Gorillas im Parc National de Volcans auch wahrnehmen wollen bzw. können. Handelt es sich dabei doch um eine längere Wanderung durch den Regenwald, welcher den Rücken nicht gerade schonen wird. Markus nimmt einige Medikamente zu sich, und Helen massiert die verspannte Muskulatur. Nachdem sich Markus etwas entspannt hat und sein Rücken wirklich etwas schmerzfreier geworden ist, machen wir uns auf die Weiterfahrt in Richtung Gorillas. Damit sich Markus weiter entspannen kann, übernimmt Helen das Steuer und fährt via Ruhengeri nach Kinigi, wo wir beim dortigen Guesthouse den Santi parkieren. Hier machen wir unsere Kleider und Fotokameras für den einmaligen Ausflug zu den letzten noch in Freiheit lebenden Berggorillas bereit. Helen überrascht Markus mit zwei aus der Schweiz mitgenommen T-Shirts der Marke "Julius and Friends" - wenn man schon die Gorillas besuchen geht, dann auch mit passendem T-Shirt :-).  Schon allein der Gedanke, diese interessanten Tiere "live" erleben zu können, erfreut unser Herz. Wir machen es uns im Innern des Autos bequem und schlafen mit grosser Vorfreude auf den morgigen Tag ein.

22. Juli 2008

Bereits um halb sechs Uhr stehen wir auf, ziehen die passenden Kleider für das Trekking an, frühstücken, und packen den Rest in unsere Rucksäcke. Dann heisst es, den Santi zu starten und zum Treffpunkt zu fahren. Eine Unmenge von Touristen aus den verschiedensten Ländern steht umher und wartet auf weitere Anweisungen. Wir machen uns auf die Suche nach dem Chef der Führer, welchem wir erklären, dass wir heute eigentlich sehr gerne die Susa-Gorillagruppe besucht hätten, dies aber aufgrund der gestrigen Rückenschmerzen von Markus nicht möglich sei. Stattdessen würden wir gerne die Gorillagruppe "Amahoro" besuchen. Wie wir erfahren haben, soll dies nach der "Susa-Gruppe" die zweitgrösste Gorillagruppe sein. Der Führer berücksichtigt unseren Wunsch und schon bald geht es nach einigen Informationen mit weiteren sechs Personen los. Während sich die sechs Personen mit einem offiziellen Touristen-Landrover-Sammeltransport zum Eingang des Parks karren lassen, tuckern wir mit unserem Santi langsam hinterher. Irgendwann wechselt die Teerstrasse auf eine steinige und holprige Piste, welche uns nach einer Stunde im Schritttempo zum Parkeingang führt. Endlich geht kann es losgehen! Durch tiefen, dichten und düsteren Regenwald, auf matschiger und feuchter Erde geht es bergauf und bergab. Oft rutschen wir mehr als wir marschieren, doch der Gedanke, die Gorillas sehen zu können, motiviert uns zum Durchhalten.

Nach eineinhalb Stunden durch enges Dickicht ist es soweit. Die Gorillas sollen nur noch wenige Meter von uns entfernt sein. Wir bewaffnen uns mit unseren Kameras und durchstöbern das Gebüsch, wo sie sich aufhalten sollen. Und siehe da - schon erblicken wir den ersten Berggorilla! Während der nächsten Stunde dürfen wir uns in nächster Nähe zu diesen wunderschönen Tieren aufhalten. Wir schiessen unzählige Fotos, filmen die Tiere beim Essen und stellen verblüffende Ähnlichkeiten mit Menschen fest.



Zurück beim ursprünglichen Treffpunkt nehmen wir unsere Berggorilla-Trekking-Zertifikate in Empfang. Der Direktor erklärt sich sogar bereit, auch Panther eines auszustellen, war er doch auch beim Gorilla-Trekking dabei. Vor Schweiss durchnässt, aber über diesen einmaligen Besuch erfreut, kehren wir auf unseren Campingplatz zurück, wo wir uns feine Nudeln und Gemüse kochen. Vor dem Kamin im Guesthouse lassen wir unsere Kleider trocknen und geniessen unser gekochtes Essen.

23. Juli 2008

Geweckt werden wir heute nicht von Vögeln, sondern von auf das Dach prasselnden Regentropfen. Es besteht für uns deshalb keine Veranlassung, länger hier zu bleiben, weshalb wir früh aufbrechen und uns auf den Weg nach Kigali machen. Bei schlechtem Wetter geht es wieder durch eine sehr kurvenreiche und hügelige Landschaft. Auf dem Weg von Kinigi nach Ruhengeri lassen wir den Vulkan Sabinho links liegen und treffen auf eine spezielle Männergruppe. Nicht, dass sie speziell aussehen würden, vielmehr fällt uns ihre einfache und knochenharte Arbeitsweise auf. Sie durchsägen nämlich mit einer mindestens zwei Meter langen Säge dicke Holzstämme. Dies machen sie mit solch einem Talent, dass daraus ganz dünne und gleichmässige Bretter entstehen.

Unterwegs kontrolliert Markus, ob der Ölaustritt beim linken Hinterrad beseitigt ist. Leider tritt noch mehr Öl aus als vor der "Reparatur" in der Garage AZ Impex. Also steht uns ein weiterer Aufenthalt in der Garage bevor. Skeptisch werden wir von den Mechanikern beäugt, wie wir dort aufkreuzen, aber zum Glück nimmt sich Mitraros rasch der Sache an, und entgegen aller Erwartungen ist bis zum Abend der Ölaustritt beseitigt. Wären die Schrauben von den Mechanikern bereits beim ersten Mal richtig angezogen worden, hätten wir heute in Kigali etwas entspannen können... Wenigstens ist am Abend unsere Probezeit in der Garage beendet und wir können erleichtert zum Kigali Serena Hotel fahren. Dort wird uns leider mitgeteilt, dass das von uns reservierte Zimmer bereits vergeben ist, und kein Zimmer mehr für uns frei sei. Wir müssen uns deshalb nach einer anderen Übernachtungsgelegenheit mit bewachtem Parkplatz umsehen und werden nach einiger Zeit im "Hotel des Milles Collines" fündig. Zufrieden fallen wir in unsere Betten und geniessen die direkt oberhalb unseres Zimmers in voller Lautstärke gespielte Livemusik. Zudem werden mit den Geräuschen von ziehenden Stühlen und im Takt auf den Boden stampfenden Füssen verwöhnt... In diesem Hotel wurde übrigens der Kinofilm "Hotel Ruanda" gedreht, welcher die Geschichte des damaligen Hotelmanagers Paul Rusesabagina erzählt, welcher während des Genozids anno 1994 mehr als 1'200 Tutsis das Leben rettete.

24. Juli 2008

Heute besuchen wir südlich von Kigali zwei erschütternde Genozid-Gedenkstätte, nämlich die Kirchen von Ntarama und von Nyamata. In beiden Kirchen haben Tutsi während dem Genozid von 1994 Schutz gesucht. Einige Tage lebten sie in den Kirchen, bis sie von Hutus aufgespürt und martialisch umgebracht wurden. In der Kirche von Ntarama fanden rund 5'000 Tutsi den Tod, und in der Kirche von Nyamata wurden über 10'000 Tutsi umgebracht. Man kann noch heute erkennen, dass sich die Hutus mit Granaten Zutritt zu den Schutzsuchenden verschafften. In beiden Kirchen sind noch die Kleider, Schuhe und Trinkgefässe der Opfer zu sehen. Als Mahnmal sind Tausende von Schädeln und Knochen feinsäuberlich sortiert auf Metallgestellen aufgetürmt. In den Katakomben der Kirche von Nyamata, welche uns von einem jüngeren Mann gezeigt werden, befinden sich zudem mehrere hundert Särge mit jeweils 20 Skeletten. Er erzählt uns, dass er einer der wenigen Überlebenden dieses Massakers sei und dabei seine ganze Familie (insgesamt elf Personen) verloren habe. Die wenigen Überlebenden der Massaker leben heute zerstreut, und nicht wenige erlitten ein Trauma. Die Kirchen von Ntarama und Nyamata sind unheimliche, schaurige und traurige Orte. Unser Mitgefühl drücken wir durch jeweils einen Eintrag im Gästebuch und Geldspenden aus. Nachdenklich und bedrückt verlassen wir die Orte des Geschehens und kehren zurück in die Hektik der Hauptstadt.

An einer Tankstelle in Kigali tanken wir rund 250 Liter Diesel, füllen die Wassertanks auf und kaufen noch einige Lebensmittel ein, damit wir für die Weiterreise gerüstet sind - schliesslich sind wir die nächsten Tage voraussichtlich abseits von Versorgungsmöglichkeiten.

25. bis 1. August 2008

Nach der gestrigen Nacht ist uns klar, dass wir die Nacht nicht mehr in diesem in die Jahre gekommenen Hotel verbringen werden. Wir dislozieren deshalb ins LAICO Umubano Hotel und erledigen einige organisatorische Sachen. Auch Helen spürt die Strapazen der letzten Tage - Fieber ist im Anmarsch. Wir werden deshalb unseren Hotelaufenthalt etwas verlängern und seit langem wieder einmal nichts tun. Das Fieber von Helen steigt in der Nacht immer wie mehr an, und sie fühlt sich elend. Ausserdem plagen sie heftige Bauchschmerzen und starke Bauchkrämpfe. Zudem ist sie so schwach, dass sie kaum aus dem Bett kommt. Aus Angst vor einer Malaria weckt sie Markus mitten in der Nacht und bittet ihn, einen Malaria-Selbsttest zu holen. Gleich darauf marschiert Markus mit seinem Pyjama und den Kampfstiefeln durch die gesamte Hotelanlage, um aus dem Santi einen Malaria-Selbsttest zu holen, welcher ein negatives Resultat ergibt. Weil Helen eine Nacht auf dem WC verbringt und sich ihre letzen Mahlzeiten nochmals durch den Kopf gehen lässt, machen wir am darauf folgenden einen zweiten Malaria-Selbsttest. Glücklicherweise fällt das Resultat auch diesmal negativ aus. Wir entscheiden uns, Helen mit Dafalgan und dem Antibiotikum Ciproflox 500 zu kurieren. Ursache des schlechten Gesundheitszustandes ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine beim ersten Morgenessen im Novotel Umubano Kigali eingenommene heisse Schokolade. Diese Schokolade war nicht mit Milch, sondern mit Leitungswasser angerührt. Helen hat also ohne ihr Wissen Leitungswasser zu sich genommen und kämpft jetzt gegen die im Leitungswasser enthaltenen Bakterien. Auch Markus hat heisse Schokolade getrunken, leidet aber lediglich unter leichten Verdauungsproblemen.

Nachdem Helen die Innenarchitektur des Hotelzimmers genügend lang studiert hat, wird es Markus zu bunt, und er bringt sie um 20 Uhr ins King Faisal Hospital in Kigali, welches sich nur gerade 500 m von unserem Hotel entfernt befindet. Dort wird Helen von Dr. Zawady  fachmännisch untersucht. Neben der Verabreichung einer Nährlösungsinfusion wird ihr Blut entnommen, Schmerz- und Beruhigungsmittel intravenös verabreicht sowie eine Stuhlprobe untersucht. Rund zwei Stunden später wird Helen entlassen. Zwar leidet sie nach wie vor unter sehr starken Bauchkrämpfen und Durchfall, aber wenigstens weiss sie sich in sicheren Händen. Nach einer weiteren schlaflosen Nacht wird am nächsten Tag ihr Unterleib einer Ultraschalluntersuchung unterzogen. Diese wie auch die anderen Test weisen auf eine bakterielle Infektion hin. Nach Absprache des Arztes versuchen wir der Infektion weiterhin mit Ciproflox 500 Herr zu werden und die weiteren Beschwerden mit Dafalgan 1 g und einer Elektrolytlösung zu lindern. Es wird zwar noch einige Zeit dauern, bis die starken Bauchkrämpfe und der Durchfall vorbeigehen werden, aber hier ist wohl Geduld angesagt. Nichts desto trotz müssen wir dieses Spital in höchstem Masse loben. Sogleich bei unserer Ankunft werden wir empfangen, nur wenige Minuten müssen wir warten, und sowohl die beiden behandelnden Ärzte wie auch das Pflegepersonal weisen höchste Kompetenz auf. Ausserdem zeigen sie uns jegliche Instrumente vor deren Verwendung, damit wir uns von deren Sterilität überzeugen können. Nun ist auch klar, weshalb dieses Spital von der amerikanischen und der britschen Botschaft in Kigali wärmstens empfohlen wird.

Aufgrund des gesundheitlichen Zustandes von Helen ist eine Weiterfahrt im Moment nicht möglich. Da unser Visum jedoch auf 15 Tage beschränkt ist, müssen wir um eine Verlängerung nachsuchen. Deshalb reichen wir im Immigration Office in Kigali mit je einem Passfotos und je einem "lettre de demande" unseren Visaverlängerungsantrag ein. Danach fahren wir quer durch die ganze Stadt, um im Büro der "Rwanda Revenue Authority" die Gebühr für die Visaverlängerung (je 25'000 Francs) zu bezahlen. Jetzt hoffen wir, dass unsere beiden Anträge möglichst rasch bearbeitet werden, so dass wir nach Helens Genesung weiterfahren können. Und tatsächlich: Nach nur einem Tag Bearbeitungszeit erhalten wir unsere Pässe mit dem verlängerten Visum zurück.

Nachdem es Helen wieder etwas besser geht, versuchen wir, die in der Garage AZ Impex bezahlte Mehrwertsteuer zurückzufordern. Nach zwei Fehlschlägen landen wir im Finanzministerium, wo wir über den Mechanismus des rwandischen Mehrwertsteuersystems aufgeklärt werden: Entweder verlangen die Dienstleistungserbringer von den Touristen gar keine Mehrwertsteuer, oder aber sie verlangen die Mehrwertsteuer und übergeben den Touristen eine Kopie des ausgefüllten "Declaration Tax Form". Dieses Formular bestätigt, dass der Dienstleistungserbringer die Mehrwertsteuer der "Rwanda Revenue Authority" abgeliefert hat. Mit diesem Formular können dann die Touristen bei der "Rwanda Revenue Authority" die Mehrwertsteuer zurückverlangen, sofern sie vorgängig eine Bestätigung eingeholt haben, dass sie in Rwanda keine Steuern zahlen müssen. Da wir von AZ Impex keine Kopie des "Declaration Tax Form" erhalten haben, kreuzen wir kurze Zeit später in der Reception von AZ Impex auf und verlangen mit Erfolg unsere bezahlte Mehrwertsteuer zurück. Zwar sehr zum Missfallen des Buchhalters, aber schliesslich geht es um über 220 US-$!

Wenn wir auf dem Hotelparkplatz leere Wasserflaschen mit Wasser aus unseren Wassertanks füllen, oder Sachen ins Auto räumen bzw. das Auto aufräumen, werden wir von vielen neugierigen Menschen beobachtet. Während einige Leute um das Auto herumstehen, sind andere etwas zurückhaltender und bleiben in ihren Autos sitzen. Ein Parkplatzwächter ist sogar so frech und kommt mit einer leeren Wasserflasche vorbei mit der Bitte, sie mit unserem Wasser auffüllen zu dürfen... Auch wenn wir in Rwanda keinen einzigen Sonnentag geniessen konnten, so haben wir dennoch eine interessante und schöne Pflanzenwelt und einige spezielle Vögel gesehen.

Unser Aufenthalt in Rwanda stand nicht gerade unter einem besonders guten Stern, und wir beide haben nichts dagegen, morgen in aller Frühe Rwanda zu verlassen.

2. August 2008

Bereits um fünf Uhr werden wir wie immer während unseres Aufenthaltes in diesem Hotel vom Autolärm geweckt. Heute ist es ein irrer Autofahrer, der direkt vor dem Hotel seine neuen Bremsen testet. Wir nutzen die Zeit, stehen rasch auf, packen unsere Sachen ins Auto und stürmen das Frühstückbuffet als Erste. Wir haben einen weiten Weg vor uns und brauchen dafür genügend Energie. Zudem gilt es, noch ein paar Esswaren in Servietten einzupacken und schleunigst die Räumlichkeiten zu verlassen. Neben unserem Santi treffen wir auf ein junges Ehepaar aus der Schweiz, welches mit ihrem roten Auto in Afrika herumkurven und in Äthiopien für ein halbes Jahr in einem Hilfsprojekt mitarbeiten. Wer danach in Äthiopien ein Auto kaufen möchte, kann sich bei ihnen melden...

Nach einem kurzen Informationsaustausch fahren wir bald los.Noch ein letztes Mal geniessen wir die enorm fruchtbare und stark bebaute Landschaft. Nicht gerade unglücklich darüber, dass unsere rund 1'000 km lange Passfahrt ein Ende hat, treffen nach zweieinhalb Stunden in Rusumo ein. Die Ausreise aus Rwanda dauert nur gerade 20 Minuten, und stehen schon bald...

 

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